Erdoğan bei Trump: Zwei Paschas unter sich
Von Dirk Hautkapp
„Ich bin ein großer Fan von ihm.“ Als die Demokraten im US-Kongress gestern die Worte hörten, mit denen Donald Trump sein türkisches Gegenüber Recep Tayyip Erdoğan im Weißen Haus bedachte, fiel ein Wort in den Medien inflationär oft: „unfassbar“.
Noch vor Kurzem hatte Trump im Kontext der Kurden-Krise in Syrien Erdoğan mit der wirtschaftlichen Vernichtung der Türkei gedroht. Weil Ankara (nachdem Trump mit dem US-Truppenabzug den Weg erst dafür freigemacht hatte) brutal gegen die kurdischen Milizen vorging, die lange Partner der USA im Kampf gegen das Terror-Netzwerk Islamischer Staat waren. – Von diesem Dissens war gestern nichts mehr zu spüren.
Vor der Presse bedachte Trump seinen Gast mit einer Litanei aus Lobhudelei. Danach sei der Waffenstillstand in Syrien stabil und schreite voran. Die Türkei sei zudem sehr hilfreich bei der Ausschaltung von IS-Chef Baghdadi gewesen und zeige sich bei den Ausgaben für die NATO vorbildhaft an der Zwei-Prozent-Marke.
Trump stellte sogar ein 100 Milliarden Dollar schweres Handelsabkommen in Aussicht und bilanzierte seine Eloge mit dem Satz: „Sie tun einen fantastischen Job für die Menschen in der Türkei.“ Von inhaftierten Regierungskritikern und Journalisten, von der Verfolgung der Kurden – keine Rede.
Erdoğan kontert
Erdoğan revanchierte sich auf seine Art, unverblümt: Dass das Repräsentantenhaus den Völkermord an den Armeniern offiziell als (politisch von der Türkei zu verantwortenden) Genozid anerkannte, sei ein die Beziehungen belastendes Unding, das der Senat hoffentlich zurückdrehe, sagte er.
Dass die USA und die NATO den Kauf des russischen Flugabwehrsystems S-400 als Tabubruch empfinden, lässt Erdoğan kalt. Wenn die Bedingungen „passend“ seien, könne man sich vorstellen, auch wieder US-Patriot-Raketen zu kaufen, sagte der türkische Präsident. Dass Erdoğan laut TV-Sender NBC den Russen signalisiert hat, dort auch Kampfjets zu ordern, kam nicht zur Sprache.
Dagegen bekam Erdoğan Gelegenheit, sich als Wohltäter zu präsentieren, dessen Land allein die Hauptlast von Flüchtlingen aus dem syrischen Bürgerkrieg schultere und die kurdischen Milizen weiter als Terroristen jagen werde. Trump widersprach nicht ein einziges Mal.
Das taten vor dem Weißen Haus Hunderte Menschen. „Türkei raus aus Syrien“, war auf Plakaten von Exil-Kurden und Armeniern zu lesen. Brett McGurk,
der aus Enttäuschung über Trump zurückgetretene US-Sonderbeauftragte für den Kampf gegen den IS, bilanzierte die Streichel-Politik Trumps gegenüber Erdoğan mit einem zynischen Vergleich aus der Tierwelt: „Wenn du dem Fuchs das Stehlen deines Huhn vergibst, wird er dein Schaf stehlen. Und dann deine Kuh.“ Der Fuchs, das ist in diesem Bild Erdoğan.