Macron will Inkrafttreten der Pensionsreform "bis Jahresende"
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geht davon aus, dass die umstrittene Pensionsreform "bis zum Jahresende" in Kraft tritt. "Wir warten noch auf das Urteil des Verfassungsrats", sagte Macron in einem TV-Interview am Mittwoch. "Diese Reform ist notwendig", betonte er. Zwei Tage nach der Verabschiedung der umstrittenen Pensionsreform werden indes die Proteste radikaler. Der Hafen von Marseille, einer der wichtigsten des Landes, war am Mittwoch vollständig blockiert.
Auch der Hafen von Brest in der Bretagne sowie die wichtige Saint-Nazaire-Brücke an der Westküste wurden von Protestierenden blockiert. Zudem blieben mehrere Treibstoffdepots abgesperrt. Er respektiere die Proteste gegen das Gesetz, verurteile aber Gewaltakte und Blockaden, sagte Macron. "Es ist uns nicht gelungen, von der Notwendigkeit zu überzeugen", räumte er ein.
Er werde die Pensionsreform aber weiter verteidigen, weil sie "im Interesse der Allgemeinheit" liege. Macron hob auch hervor, dass die meisten europäischen Länder bereits für ein höheres Pensionseintrittsalter gestimmt hätten. Der Präsident kündigte an, dass die Abgeordneten künftig kürzere und einfachere Gesetzesentwürfe debattieren sollen. So werde etwas das geplante Einwanderungsgesetz in mehrere einzelne Gesetzestexte aufgeteilt.
Die Reform sieht unter anderem die Anhebung des Pensionsalters von 62 auf 64 Jahre vor. Macron hatte zur Durchsetzung des Reformgesetzes auf den viel kritisierten Verfassungsartikel 49.3 zurückgegriffen. Dieser erlaubt es, ein Gesetz ohne parlamentarische Schlussabstimmung zu verabschieden, wenn die Regierung ein anschließendes Misstrauensvotum übersteht. Am Montag war die Regierung bei einem solchem Votum knapp ihrem Sturz entgangen.
In Paris hatte in der Nacht auf Mittwoch erneut eine zunächst friedliche Demonstration gegen das Gesetz stattgefunden. Später kam es auch wieder zu Ausschreitungen. Mehrere hundert Demonstranten gerieten auf der Place de la République mit den Sicherheitskräften aneinander, die Tränengas einsetzten. Landesweit wurden Polizeikreisen zufolge 128 Menschen in Polizeigewahrsam gewonnen, davon 81 in Paris. Mehr als 60 Mitglieder der Einsatzkräfte wurden demnach verletzt.
Auch zwei minderjährige Österreicher waren vorübergehend im Polizeigewahrsam gelandet. Wie das Außenministerium der APA am Mittwoch bestätigte, konnte die österreichische Botschaft in Paris nach einer entsprechenden Information "eine rasche Freilassung" erreichen.
"Von allen Seiten kritisiert"
Ein erster Kollateralschaden der Pensionsreform dürfte das geplante Einwanderungsgesetz sein, das eigentlich in der kommenden Woche im Senat debattiert werden sollte und nun als zu heikel erscheint. "Der Gesetzentwurf sollte sowohl den Rechten als auch der Linken entgegenkommen, stattdessen wurde er am Ende von allen Seiten kritisiert", sagte der sozialistische Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung, Boris Vallaud. Innenminister Gérald Darmanin könnte versucht sein, zunächst nur den am wenigsten umstrittenen Teil des Gesetzes zu verabschieden.