„Einzig und allein mein Fehler“: Merkel erntet Respekt für ihre Entschuldigung
Von Andreas Schwarz
Mittwochfrüh waren die Emotionen hoch gegangen, zumindest in den Medien, über die „Osterruhe“: Ob Kanzlerin und Länderchefs in Sachen Corona noch wüssten, was sie tun, fragte die Bild und prügelte die Verantwortlichen für den verschärften Lockdown.
Mittags toppte Angela Merkel die Emotion mit einer emotionalen Rede, in der sie die „Osterruhe“ (völliger Lockdown Gründonnerstag, Karfreitag ohnehin Feiertag, Karsamstag nur engster Lebensmittelhandel offen) zurücknahm und sich entschuldigte: „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler.“
„Um es klipp und klar zu sagen: Die Idee des Osterlockdowns war mit bester Absicht entworfen worden, denn wir müssen es unbedingt schaffen, die dritte Welle der Pandemie zu bremsen“, sagte Merkel, die in der Nacht auf Dienstag die Länderchefs nach elfstündigen Beratungen auf die Verschärfungen eingeschworen hatte. Die Corona-Zahlen liegen in Deutschland bei 15.813 Neuinfektionen (Mittwoch) und einer 7-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner von 108.
Dennoch sei es ein Fehler gewesen, weil sich herausgestellt habe, dass die Maßnahmen „in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetzbar“ gewesen seien, was rechtliche Fragen und die Lage in den Betrieben betreffe. „Ein Fehler muss als Fehler benannt und vor allem muss er korrigiert werden“, sagte Merkel. „Dass dieser gesamte Vorgang noch zusätzliche Verunsicherung auslöst, das bedaure ich zutiefst und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.“
„Historische“ Rede
Bild nannte die „große Ansprache der Kanzlerin“ schlicht „historisch“. Auch sonst wurde der Kanzlerin von vielen Seiten Respekt gezollt. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die nun gekippte Osterruhe-Regelung als gemeinsam getroffene Entscheidung von Bund und Ländern. „Es sollte sich niemand aus der Verantwortung stehlen“, er hoffe, dass es nun keine „Erinnerungslücken“ gebe. Unter den Ministerpräsidenten hatte es unterschiedliche Zugänge, je nach Corona-Betroffenheit der einzelnen Länder, gegeben. Sachsen und Bayern weisen sehr hohe Werte auf, Saarland und Schleswig-Holstein haben Inzidenzen von unter 60.
Die Forderung der Opposition, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, lehnt Merkel aber ab. "Nein, das werde ich nicht tun", so die Kanzlerin am Mittwochabend in der ARD. Dies sei nicht nötig. "Ich habe ansonsten die Unterstützung der gesamten Bundesregierung und insofern auch des Parlamentes", betonte sie. Deutschland stecke derzeit in der dritten Pandemiewelle. "Viel wichtiger ist, dass wir jetzt die dritte Welle in den Griff bekommen."
Sie habe heute um Verzeihung gebeten für den nun zurückgezogenen Vorschlag einer Ruheperiode zu Ostern, die aber nur schwer umzusetzen sei. "Das ist, glaube ich, das Richtige, was zu tun ist." Sie betonte, dass man sich auch nach den Experten richten müsse: "Die Einzigen, die gestern zufrieden waren mit unseren Beschlüssen zu Ostern, das waren die Intensivmediziner."