Politik/Ausland

Ein Jahr im Eis: Forschungsschiff wird im Packeis eingefroren

Stockdunkel ist es im arktischen Winter, Tag wie Nacht. Eisige Winde jagen über das gefrorene Meer, die Temperaturen fallen auf bis zu minus 50 Grad Celsius. Das Packeis, das nahe des Nordpols selbst im Sommer nicht schmilzt, wird mehrere Meter dick und damit auch für die leistungsstärksten Eisbrecher der Welt unüberwindbar.

Bis heute sind die nördlichsten Teile unseres Planeten ein weißer Flecken auf der Landkarte – ein Flecken allerdings, der für das globale Klima eine bedeutende Rolle spielt.

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Wie die Erwärmung der Arktis und Wetterphänomene im Rest der Welt genau zusammenhängen, will die hauptsächlich von Deutschland finanzierte internationale Expedition „Mosaic“ ab Herbst erkunden (Multidisciplinary Drifting Observatory for the Study of Arctic Climate, hier gehts zur Website).

Und zwar mithilfe des ForschungsschiffesPolarstern“ des deutschen Alfred-Wegener-Institutes (AWI).

"Frühwarnsystem"

„Die Arktis ist unser Frühwarnsystem“, sagt der Meereis-Physiker und Co-Fahrtleiter für den ersten Abschnitt der Mission, Marcel Nicolaus vom AWI, dem KURIER. Immerhin handelt es sich bei der nördlichen Polarregion um jenen Teil der Erde, der sich in den vergangenen Jahrzehnten am stärksten erwärmt hat.

„Veränderungen der Eismassen verändern den Austausch der Luftmassen“, erklärt Nicolaus. Eine Folge seien in Europa etwa zu heiße Sommer und zu kalte Winter – „oder umgekehrt“.

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Nach der Ankunft im Zielgebiet hat die wechselnde, insgesamt 600 Personen aus 17 Ländern umfassende Crew der „Polarstern“ einiges zu tun. Erst einmal gilt es, das Schiff an einer geeigneten, einige Kilometer großen Eisscholle festzumachen.

Danach wird auf dieser Scholle ein Camp sowie ein Netz aus Messstationen im Umkreis von 40 Kilometern aufgebaut. Dabei drängt die Zeit, ab der zweiten Oktoberhälfte ist es ganztätig dunkel.

Eingeschlossen im Eis

In den Wintermonaten soll die „Polarstern“ dann ohne eigenen Antrieb eingeschlossen im Eis zum Nordpol treiben, bis sie in der Schmelzperiode ab Juni 2020 wieder freigegeben wird. Insgesamt soll das Schiff ein ganzes Jahr unterwegs sein. Der Motor wird einzig und allein betrieben, um Wärme und Strom zu liefern.

Die von Bojen, Hubschraubern, Tauchrobotern und anderen Messgeräten in einem Umkreis von Hunderten Kilometern erhobenen Daten sollen es laut Nicolaus in den kommenden Jahren ermöglichen, bessere Klimamodelle  und -prognosen zu erstellen.

Dafür dürfte sich auch die Wirtschaft interessieren – wird die arktische Region doch wegen des Klimawandels über kurz oder lang ganzjährig schiffbar sein.

Fridtjof Nansen

Die Mission hat übrigens ein historisches Vorbild. 1893 war der Norweger Fridtjof Nansen an Bord der „Fram“ aufgebrochen, um im Packeis treibend Informationen über die Arktis zu sammeln. Als er merkte, das sein Schiff das Ziel wohl nicht erreichen würde, ging er von Bord und fuhr mit Skiern Hunderte Kilometer zu einer britischen Basis. Die „Fram“ wurde später wiedergefunden.

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Im Gegensatz zu damals ist das Mosaic-Team nicht auf sich allein gestellt. Es wird von  fünf weiteren Eisbrechern und drei Forschungsflugzeugen unterstützt. Auf dem Packeis sollen Versorgungsflugzeuge landen und bewaffnetes Sicherheitspersonal dafür sorgen, dass die Wissenschaftler nicht von Eisbären attackiert werden.