Das russische Maskottchen
Von Susanne Bobek
Das einjährige Asyl für Edward Snowden in Russland wird zur Belastung für das amerikanisch-russische Verhältnis. US-Präsident Barack Obama überlegt, das geplante Treffen mit Putin im September beim G-20-Gipfel in St. Petersburg abzusagen. Vorher wollten Putin und Obama in Moskau zusammentreffen. Der Republikaner John McCain sprach von einer „Ohrfeige für alle Amerikaner“. Senator Lindsey Graham fordert einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi.
Emotional ausgebrannt
Nach mehr als fünf Wochen des Tauziehens zwischen den USA und Russland wohnt Edward Snowden jetzt angeblich bei amerikanischen Freunden in Moskau. Er sei „emotional ausgebrannt“, sagt sein Anwalt Anatolij Kutscherena und müsse sich erholen. Den Aufenthalt in der Transitzone des Moskauer Flughafens Scheremetjewo habe er aus eigenen Tasche bezahlt. Nun solle der Vater des Ex-US-Geheimdienstmitarbeiters nach Moskau kommen und Snowden mit Geld versorgen, spekulieren Medien. Doch die Frau, die auch am Donnerstag mit Snowden ein Taxi bestieg, wird vermutlich auch dieses Geldproblem lösen. Über Sarah Harrison, eine enge Vertraute von Wikileaks-Gründer Julian Assange, ist wenig bekannt. Sie ist Britin, soll 31 Jahre alt sein, gibt sich als Snowdens Rechtsberaterin aus und will seine Sicherheit „garantieren“. Sie begleitet ihn seit seiner Flucht aus Hongkong.
Jobangebote
In Russland wird der Whistleblower von vielen Menschen wie ein verloren geglaubtes Maskottchen umworben. Pawel Durow, der Chef des russischen Facebook-Pendants „Vkontakte“ bot ihm gleich einen Job an: „Wir laden Edward Snowden nach Petersburg ein und wären glücklich, wenn er dem exzellenten Programmierer-Team von Vkontakte beitreten würde“, schreibt Durow auf seiner Seite. „In einem solchen Moment bin ich stolz auf mein Land und bedaure den Kurs, den die USA einschlagen – ein Land, das die Prinzipien verrät, auf denen es einst begründet wurde.“
Dolce Vita
Anwalt Kutscherena sagt, dass er viele Anrufe von russischen Mädchen erhalten habe, die mit dem Amerikaner in Kontakt treten wollen. „Es sieht so aus, als würde Snowden bald die absolut neue Erfahrung machen, was es heißt, eine männliche Führungskraft in Russland zu sein“, bilanziert das Politik-Magazin New Republic. Denn ein toller Job bietet allemal viele Frauenbekanntschaften. Snowden, der sich frei im Land bewegen darf, lernt angeblich mithilfe von Dostojewskis „Schuld und Sühne“ auch schon die Sprache. Aber auf die Angebote russischer Mädchen habe der Enthüller mit der Aussage reagiert: „Ich vermisse immer noch meine Freundin.“