Politik/Ausland

"Trumps Präsidentschaft wäre ruinös"

Er sei es müde, über Donald Trump zu reden, sagte US-Präsident Barack Obama am Montag bei einem Fundraising-Dinner für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Es sei auch nicht nötig, Argumente gegen Trump zu suchen, meinte Obama: "Jedes Mal, wenn er den Mund aufmacht, liefert er selbst Gründe gegen seine Kandidatur."

"Schlecht vorbereiteter Amateur"


Und wenn es Trump nicht selbst tut, dann erledigen das prominente Republikaner, hätte Obama anfügen können. Am Montag Abend gingen Asien-Experten, die früheren republikanischen Regierungen gedient haben, mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit, wonach sie Hillary Clinton unterstützen. "Donald Trumps Präsidentschaft würde zu einer ruinösen Marginalisierung der Vereinigten Staaten in Asien führen", argumentieren die Experten. Es sei der "absolut schlechteste Zeitpunkt, einen instabilen, schlecht vorbereiteten Amateur ohne Vision und Voraussicht" mit den mannigfaltigen Herausforderung im 21. Jahrhundert zu betrauen, heißt es in dem offenen Brief. Trumps "absurde" außenpolitische Vorstellungen würden asiatische Länder, die derzeit mit den USA freundschaftlich verbunden sind, "in die Arme Chinas treiben oder dazu zwingen, sich selbst mit Nuklearwaffen aufzurüsten". Trump würde binnen kürzester Zeit Amerikas Glaubwürdigkeit und Wirtschaft beschädigen.

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehört der frühere Asien-Chef-Berater von Präsident George W Bush. Trump hatte laut darüber nachgedacht, dass Japan und Südkorea, anstatt sich auf die USA zu verlassen, ihre eigenen Atomwaffenarsenale aufbauen sollten, um sich vor Nordkorea und China zu schützen. Vergangene Woche hatten bereits 50 frühere hohe Sicherheitsbeamte Trump die Qualifikation für das Präsidentenamt abgesprochen.

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Giuliani vergisst 9/11

Den Fauxpas des Montagabends lieferte ausnahmsweise nicht Trump, sondern der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani. Bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit Trump in Ohio sagte Giuliani: "In den acht Jahren, bevor Obama und Clinton ins Amt kamen, gab es in den USA keinen erfolgreichen, radikal-islamischen Terroranschlag." Sogleich brach ein Shitstorm in den sozialen Medien los, hatte doch 9/11 im Jahr 2001 stattgefunden, als George Bush Präsident war. Und Giuliani war damals Bürgermeister von New York. Giuliani hat 9/11 in der Rede am Montag in Ohio zwar angesprochen, die Zeitenfolge dann aber trotzdem wahlkampfbedingt verzerrt.

Trump selbst schob in seiner außenpolitischen Rede erneut die gesamte Schuld an der Entwicklung des radikal-islamischen Terrors Obama und Clinton in die Schuhe, ebenfalls unter Kleinreden mancher Fakten (etwa, dass George Bush in den Krieg gegen Saddam Hussein zog). In dieser Rede sagte Trump, er würde im Kampf gegen den IS mit der NATO zusammen arbeiten.

Die Umfragewerte sind im Keller, die Geduld in seiner republikanischen Partei mit ihrem Kandidaten geht in Richtung Null. Der Kopf seiner Wahlkampfmaschine muss sich Schwarzgeld-Vorwürfen in der Ukraine erwehren. Donald Trump braucht dringend positive Energie, wenn er in den verbleibenden 85 Tagen bis zum Wahltag am 8. November nicht weiteren entscheidenden Boden gegen seine Kontrahentin Hillary Clinton verlieren will. Was ist da sicherer, als eine harte Gangart gegen Terroristen anzukündigen?

Natürlich bleibt Trump auch bei seiner minutiös vom Teleprompter abgelesenen Rede in Ohio nicht bei der Wahrheit. Mit der NATO, die er noch ein paar Tage vorher als irrelevant gescholten hatte, wolle er nun zusammenarbeiten. Das Militärbündnis habe nämlich aufgrund seiner Kritik seine Strategie geändert. "Nach meinen Kommentaren haben sie ihre Politik geändert", sagte er allen Ernstes.

"Trump hat die Bindung zur Realität verloren", urteilt Jason Easley vom Polit-Blog PolicusUSA. Das "Wall Street Journal", den konservativen Republikanern grundsätzlich nicht feindlich gesinnt, gibt Trump nur noch drei Wochen. "Wenn sie es nicht schaffen, Herrn Trump dazu zu bringen, seine Vorstellung bis Anfang September zu ändern, dann haben die Republikaner keine andere Wahl, als ihren Kandidaten abzuschreiben und sich auf die Rennen um den Senat und um das Abgeordnetenhaus sowie auf andere Wahlen zu konzentrieren", heißt es in einem Kommentar des Blattes.

Trump wirkte am Montag angeschlagen. Er musste stellenweise sehr genau hinschauen, um lesen zu können, was ihm der Teleprompter vorgab. Sein Gesicht sah grau aus, die Worte kamen langsam. Der Auftritt korrespondiert mit dem, was Trump-Vertraute an US-Medien durchstechen: Der Kandidat sei "erschöpft und verstört", genauso wie viele der Leute um ihn herum, berichtete die "New York Times" kürzlich. Trump fühlte sich bemüßigt zu reagieren: "Ich genieße den Wahlkampf", erklärte er via Twitter.

Immerhin schaffte der 70-Jährige seine Anti-Terror-Rede ohne einen jener größeren Aussetzer, die ihn in den vergangenen Wochen schwer in die Bredouille brachten. Er bezichtigte zwar Präsident Barack Obama und seine damalige Außenministerin Hillary Clinton, den Boden für die Terroristen des "Islamischen Staates", etwa in Libyen oder im Iran bereitet zu haben. Aber er wiederholte nicht mehr seine groteske Anschuldigung, Obama sei der Gründer des IS.

Dafür musste diesmal die deutsche Kanzlerin Angela Merkel herhalten. Ihre Flüchtlingspolitik sei "eine Katastrophe", erklärte Trump. Und Hillary Clinton, seine Kontrahentin im Rennen um das Weiße Haus, sei "ein Desaster". Sie wolle nämlich, "die Angela Merkel Amerikas" werden und ungezügelt Flüchtlinge ins Land lassen.

Trump selbst trat dafür ein, Einwanderer einer Gewissensprüfung zu unterziehen. Sie müssten "extrem" getestet werden und beweisen, dass sie die Verfassung der Vereinigten Staaten lieben. Und wenn er Präsident sei, werde er sein Außenministerium anweisen, diejenigen Regionen in der Welt zu definieren, aus denen nicht einmal diese Tests ausreichend seien und insofern Migration in die USA nicht möglich sei.