Donald Trump, Anti-Gutmensch
Sein Wahlkampfprogramm hat genau drei Punkte: "Ich", "ich" und "ich". Er ist ungehobelt, laut und vulgär. Seine zwei Ex-Frauen beschreiben ihn als cholerischen Tyrannen. Frühere Mitarbeiter sehen ihn als den Prototypen des kapitalistischen Ausbeuters. Amerikas TV-Zuseher kennen den Selfmade-Milliardär als gnadenlosen Selbstdarsteller, und wen der 69-jährige Bau-Tycoon nicht mag, bedenkt Trump mit brutalen Beleidigungen.
Und so einer will nächster Präsident der USA werden? Viel überraschender noch: Woche für Woche verbessert "The Donald", wie er sich selber nennt, seine Popularitätswerte. 45 Prozent der US-Bürger würden den streitbaren republikanischen Präsidentschaftskandidaten wählen, ergaben jüngste Umfragen (51 Prozent für die Demokratin Hillary Clinton). Im Juni waren es noch 35 Prozent gewesen.
Alleinunterhalter
Aber das war, bevor der schrille Mogul mit dem auffälligen Mundwerk zur Alleinunterhaltung in der amerikanischen Politikdebatte ausholte. Seither bestimmt Trump die Schlagzeilen und nimmt sich dabei kein Blatt vor den Mund. Er beleidigte die mexikanischen Einwanderer pauschal als "Vergewaltiger" und verlangt den Bau einer "gewaltigen Mauer zum Süden".
Die Politiker in Washington, sie sind in den Augen Donald Trumps "alle dumm. Nicht böse, aber dumm. Sie haben keine Ahnung." Und TV-Moderatorin Megyn Kelly, so ätzte der Präsidentschaftskandidat, blute aus ihren Augen oder "ihrem was auch immer" – nachdem diese gewagt hatte, ihn auf seine frauenfeindliche Tweets anzusprechen.
Die darauf folgenden Shit-Stürme im Netz, die mediale Empörung über den rücksichtlosen Selbstdarsteller aber scheinen Trump nicht zu schaden. Im Gegenteil.
Die Zahl seiner Anhänger wächst. Die sind in der Mehrheit jung, weiß und männlich. Und diese schätzen vor allem eine von Trumps "Qualitäten": das Fehlen jeglicher politischer Korrektheit. Wenn der Besitzer einer Boeing 757 (mit vergoldeten Sicherheitsgurtschnallen) mit seinem Reichtum angibt, wenn er poltert und auf der politischen Bühne wieder einmal die Sau rauslässt, dann spricht er offenbar jenen aus der Seele, die die Nase so richtig voll haben. Für sie ist Trump einer, der sich nichts gefallen lässt, schon gar nicht von der abgehobenen Politikerklasse in Washington.
Ganze Heerscharen an Politologen beschäftigen sich bereits mit dem Phänomen Trump: Er sei ein Rüpel, ein Egozentriker und vollkommen unbeherrscht – aber eben authentisch. Wie anders wirken da Hillary Clinton oder Trumps konservative Konkurrenten. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, jedes Thema vorher in Umfragen getestet. Kein unbedachter Satz ist zu hören, nur um ja keinen Wähler zu verprellen.
Krawallmacher
Als Krawallmacher mag der Politneuling punkten, ins Weiße Haus wird Donald Trump bei den Wahlen im Herbst 2016 dennoch nicht einziehen. Für Politikwissenschaftler Larry Sabato ist er schlicht der "nicht nominierbare Favorit" – denn als Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei küren die US-Bürger erfahrungsgemäß immer einen Kandidaten/in der Mitte.
Und Mitte hat Donald Trump nicht zu bieten, im Grunde noch nicht einmal ein Programm. "Amerika wieder groß machen" lautet sein Slogan. Wie das geschehen soll, hat Trump noch niemanden wissen lassen. "Wahrscheinlich mit seinem hochhausgroßen Ego", giftete jüngst ein Kommentator in der Washington Post. Die Zeitung hatte auch penibel nachgezählt: Bei einer 40-minütigen Rede Trumps hatte er sieben Mal das Wort "Amerika" verwendet – aber 257-mal "ich", "mich" und "mein".