Die Schande von Charlottesville
Von Dirk Hautkapp
"Wir müssen das Übel beim Namen nennen", polterte Orrin Hatch, der für seine unerschütterliche Gleichmut bekannte republikanische Senator aus Utah. "Mein Bruder hat nicht sein Leben im Kampf gegen Hitler gegeben, damit hier Gedankengut der Nazis ohne Widerstand akzeptiert wird."
Absolution für Rechte?
Und Präsident Trump? Er beklagte unscharf einen "Ausbruch von Hass, Fanatismus und Gewalt auf vielen Seiten". Die nachsichtige Wortwahl wurde umgehend als Absolution interpretiert. Richard Spencer, Galionsfigur der offen rassistischen "Alt-Right"-Bewegung, lobte den Präsidenten dafür. David Duke, ehemals Führer des Rassisten-Verbandes Ku-Klux-Klan, sagte im Beisein des KURIER-Reporters: "Das hier heute ist der erste Schritt, zu dem, was Donald Trump versprochen hat – wir holen uns Amerika zurück."
So wie an diesem Samstag. Bereits am Vorabend hatten Neonazis mit Fackeln den Uni-Campus gestürmt, skandierten Parolen wie: "Ihr Juden werdet uns nicht ersetzen" und "Blut und Boden" und droschen auf Gegendemonstranten ein.
Am Samstag spitzte sich der Tumult zu. Die Polizei blies die gerichtlich genehmigte Demonstration kurzerhand ab und drängte die Rechtsextremen zum Verlassen. Was folgte, waren blindwütige Prügeleien und Schreiduelle.
Leute wie Shane Gadbury waren mittendrin. Der 38-Jährige war 15 Stunden aus Iowa nach Charlottesville gefahren, um zu demonstrieren. Die Statue von Lee ist ihm gleichgültig. "Wir Weißen werden in diesem Land diskriminiert und schikaniert, darum bin ich hier." Woher er das hat? "Trump hat ein Ventil geöffnet. Er steht für uns ein. Seine ,America First‘-Politik ist genau mein Geschmack."
Unter den Neonazis, die im Zuge der Tumulte das Weite suchten, das belegen Handy-Videos, war auch ein pausbäckiger Typ mit Dreitage-Bart und gut erkennbarem Holzschild: James Alex Fields, Sympathisant der rechtsextremistischen Gruppe "Vanguard America".
Zu all dem von Donald Trump bis gestern: kein einziges klares Wort.