Politik/Ausland

Österreichern drohen hohe Mautstrafen

Die Begutachtung des Gesetzesentwurfs zur Einführung der deutschen Autobahn-Maut durch die zuständigen Ministerien bringt kein Aufatmen: Was Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und seine Beamten auf den 50 Seiten planen, sorgt bei vielen Fachleuten für noch mehr Kopfschütteln als bisher. Um nur Ausländer die Maut effektiv zahlen zu lassen und trotzdem das Diskriminierungsverbot der EU einzuhalten, ist ein riesiger bürokratischer Aufwand, vor allem zur Überwachung, nötig. Und viele Fragen bleiben offen – auch für Österreich.

Da deutsche Fahrzeughalter ihre Maut mit der Kfz-Steuer automatisch verrechnen sollen, konzentriert sich die Überwachung auf die echten Zahler, die Ausländer: Die kaufen ihre 14-Tage-, Zweimonats- und Jahresvignetten im Internet oder bei Tankstellen, wobei sofort das Kennzeichen an die private Überwachungsfirma übermittelt wird. Die gleicht die Daten mit den auf der Autobahn gemachten Fotos des Fahrzeugs ab.

Dafür wird ein neues teures System neben dem bestehenden für die Lkw-Maut errichtet, dessen Einführung einst schon skandalös pannenreich war. Dazu kommen 500 neue Beamtenposten.

Diskriminierend

Zusätzlich erfolgt die Überwachung wie in Österreich durch Patrouillen. Da die bei Inländern sinnlos wäre, ergibt sich ein diskriminierendes "Ausländer raus"-Winken auf deutsche Autobahnparkplätze. Die sind durch die Lkw-Ruhezeiten ohnehin permanent überlastet, vor allem an verkehrsreichen Wochenenden. Wer Vignetten-los ist, den erwartet eine Strafe von 260 Euro zuzüglich zur Jahresvignette um 130 Euro. Kann der Fahrer nicht sofort zahlen, wird sein Auto sogar konfisziert.

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kontrollen extrem häufig und zeitraubend für viele Ausländer werden, ist sehr hoch. Denn das nachträgliche Eintreiben der Maut über den Heimatstaat wie bei Strafen für Verkehrsdelikte wird es kaum geben: Das "Crossborder-Enforcement"-Abkommen der EU sieht das für Mautvergehen explizit nicht vor, wie das Verkehrsministerium in Wien auf Anfrage mitteilt. Ein dazu nötiges bilaterales Abkommen scheint aber unwahrscheinlich: Die Regierung in Wien hat schon vielfach gegen die faktische Diskriminierung von Österreichern protestiert, sie wird die nun kaum mit eigenem hohem Verwaltungsaufwand stützen.

"Ein Irrsinnsding", nennt der renommierte Verkehrswissenschaftler Helmut Holzapfel von der Uni Kassel den Gesetzentwurf: Ausländische Autos machten weniger als fünf Prozent des Verkehrs aus und noch weniger der Straßenschäden, noch dazu, wo Kleinlaster und Motorräder unverständlicherweise mautbefreit blieben. Holzapfel hält wie fast alle deutschen Verkehrsexperten den Verwaltungsaufwand für so hoch, dass "keine substanziellen Erträge bleiben".

Die waren aber eine der Bedingungen von Kanzlerin Merkel für die Einführung, neben Kostenneutralität für Deutsche und der EU-Konformität. Um Letztere geht’s am Mittwoch, wenn EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc in Brüssel mit Dobrindt und seinen Ministerkollegen dessen Gesetzesentwurf bewertet: Der CSU-Wahlkampfhit vom Vorjahr bleibt, außer in Dobrindts Bayern, umstritten.