Politik/Ausland

Deutschland: Die „Alternative“ in Aktion

Jede neue Partei ist den etablierten Machthabern gefährlich, daher wollen sie uns a) braun anstreichen und b) totschweigen.“ Mit viel Applaus beginnt Joachim Starbattys einstündige Rede über die „Euro-Misere“ und die Rezepte der „Alternative“ zur „Schadensbegrenzung für Deutschland“. Der lebhafte 72-jährige Professor ist Spitzenkandidat der „Alternative für Deutschland“ in Berlin. Den 200 Zuhörern im Bürgersaal von Kleinmachnow im südlichen Grüngürtel wird nicht fad.

Starbatty berichtet, dass „ich beim Verfassungsgericht die Bundestags-Mitwirkung am Übernacht-Beschluss der Regierungschefs für die 750-Milliarden-Euro-Rettung erstritt“. Hinter ihm nickt die AfD-Führung, nur Professor Bernd Lucke, der Chef, fehlt: Er ist in einer TV-Talkshow, wo er wie Starbatty hier die „wirtschaftlichen und politischen Schwächen des Euro“ anprangern will.

Etwa CDU-Finanzminister „Schäubles spätes Eingeständnis des nächsten Rettungspakets für Griechenlands Staatsbankrott: Privat ist Konkursverschleppung strafbar, aber als Staatsmann ist man der große Europäer!“ Applaus. Wenn Kanzlerin Merkel „trotzdem das Rettungspaket nicht sieht, muss man sagen: Blinde gehören nicht ans Steuer des Staatsschiffs!“ Viel Applaus.

Profiteure der Rettung seien nicht Staaten oder ihre Bürger sondern „Banken, die sich vorher mit den vom Euro geschönten Anleihen verzockt haben“. Da habe SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück recht. Sein Ruf nach Vergemeinschaftung der Schulden sei aber noch übler. Wie seine Forderung nach Ende der „Konsolidierungskeule Merkels“ durch einen „neuen Marshall-Plan“: 308 Milliarden Euro hätten seit 2007 die Südländer bekommen „für Autobahnen ins Nirgendwo. Hier aber will Rot-Grün höhere Steuern, weil unsere Infrastruktur verfällt.“ Applaus der Zuhörer, die optisch CDU-Wähler sein könnten und es wohl öfters waren.

Sie gehören zum Kern-Potenzial, das die Demoskopen bei drei bis vier Prozent und überwiegend bei über 50-jährigen Männern sehen. Den Vorwurf, dass sie das AfD-Potenzial kleinrechnen, hat ein Gericht Lucke untersagt, seither schmäht ihn Forsa-Chef Manfred Güllner als „Lügen-Lucke“. Hier aber sind die Zuhörer zur Hälfte weiblich und um die 40.

„Eine Bürgerpartei“

Starbatty beantwortet danach ihre Fragen: „Was wir schon gezahlt und gebürgt haben für die Griechen, ist so oder so weg. Je früher sie und die anderen aus dem Euro rausgehen, desto besser für ihre Erholung. Und desto weniger deutsches Geld ist weg. Wenn der Euro nicht mehr spaltet, begegnen wir uns wieder auf Augenhöhe“.

Medien und Polit-Konkurrenz orten wachsende Nähe der AfD zu rechtsradikalen Einflüssen, Fragen und Antworten hier bestätigen das nicht. „Die Alternative ist eine Partei von Bürgern, nicht Berufspolitikern“, betont danach ihre Sprecherin Frauke Petry, „Mutter und Unternehmerin“. Und: „Wir sind keine Ein-Themen-Partei“.

Man sei gegen „Brüsseler Bürokratieauswüchse“ und für „Volksabstimmungen wie in der Schweiz“. Man wolle eine „Zuwanderungspolitik wie in Kanada“ und ein „Asylrecht mit Erlaubnis zum Arbeiten.“ Wirtschaftsflüchtlinge sollten aber „nicht in unser Sozialsystem einwandern können – auch weil die Integration oft missglückt. Aber deshalb lassen wir uns nicht ins rechte Eck stellen, wir sind fest auf dem Boden der Verfassung.“ Applaus.

Linksautonome und „Grüne Jugend“, die die Neupartei als „Nazis“ bekämpfen, wollten auch hier die Veranstaltung stören, wurden aber vom Sicherheitsdienst entfernt. Polizei fehlte, obwohl vermummte Linke Lucke sogar schon mit dem Messer bedroht hatten. „Sie reißen unsere Plakate ab. Aber viele Bürger helfen uns. Dafür danken wir“, schließt der AfD-Chef von Brandenburg. „Ihr Zuspruch zeigt uns: Wir kommen in den Bundestag!“