Behörde gegen Fake News: "Das riecht ja nach Zensur"
"Falls sich jemand fragt, wie totalitäre Regime entstehen: SO! GENAU SO!"
Die Reaktion von AfD-Politikerin Beatrix von Storch hätte man absehen können. Dass die Berliner Regierung plant, unter der Ägide des Kanzleramts eine Beobachtungsstelle für "Fake News", also Falschmeldungen, einzurichten, ein "Abwehramt gegen Desinformation", wie es in einem internen Papier heißt, ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten: Diejenigen, die schon lange "Lügenpresse" rufen, fühlen sich durch eine solche Überwachungsstelle in ihrer Skepsis bestätigt.
Tatsächlich würde die AfD auch selbst ins Visier der Maßnahmen geraten, die CDU und SPD bis zum Beginn des neuen Jahres ausarbeiten wollen. Eindämmen will man nämlich jene Polit-Propaganda, die aus Russland nach Europa schwappt, und die oft zugunsten rechtspopulistischer, nationalistischer Parteien ausfällt – nach dem Vorwurf, Wladimir Putin hätte die US-Wahl zugunsten Donald Trumps mitentschieden, will man sich gerade im Bundestagswahljahr vor derartigen Einflüssen schützen. Einwirken will man aber auch auf jene sozial-mediale Grauzone, in der die Rechtspopulisten so geschickt agieren: Auf Facebook und Twitter Meldungen zu verbreiten, deren Wahrheitsgehalt zweifelhaft ist, ist bekanntlich ein Leichtes – das hat die AfD mit Unterstützung diverser "Alternativmedien" oft bewiesen.
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Harter Kampf
Die deutsche Regierung und auch die EU-Kommission, die ebenso angekündigt hat, Facebook und Twitter genauer auf die Finger sehen zu wollen, begeben sich damit in einen schwierigen Kampf. Schon länger beanspruchen AfD, FPÖ & Co. für sich, die "Wahrheit" zu erzählen – und ringen der regierenden Politik damit stetig Deutungsmacht ab: Oft steht das, was die Rechtspopulisten auf ihren eigenen Kanälen verbreiten, in Widerspruch zu offiziellen Meldungen. Nicht umsonst nennt von Storch die neue Stelle auch ein "Wahrheitsministerium"; mit dem Verweis auf Orwells "1984" unterstellt sie der Politik so nicht nur Zensur, sondern auch bewusste Täuschung der Bürger.
"Zensur-Monster"
Dass eine offizielle Beurteilung des Nachrichtenstroms nach hinten losgehen kann, befürchten auch jene, die selbst oft im Visier der Rechtspopulisten stehen. "Das riecht nach Zensur", sagt Frank Überall, Bundesvorsitzender des Journalistenverbands. Der öffentliche Diskurs dürfe zwar nicht dauerhaft durch Fake News Schaden nehmen, sagt er, "aber es darf doch nicht eine Behörde darüber entscheiden, was wahr ist und was nicht." An dieser Frage würden "selbst Gerichte regelmäßig scheitern", sagt auch Bernhard Rohleder, Chef des IT-Branchenverbands Bitkom. Er nennt die Stelle ein "Zensur-Monster", das ohnehin zum Scheitern verurteilt sei.
Österreich: Paragraf abgeschafft
Wie schwierig die rechtlich Handhabe ist, kann man auch in Österreich nachvollziehen. Seit 1975 stand hier die "Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte" unter Strafe, verurteilt wurde jedoch nie jemand – deshalb wurde der Paragraf 2015 wieder abgeschafft. Auch in Tschechien, wo eine ähnliche Behörde mit Jahresbeginn zu arbeiten beginnt, wappnet man sich gegen Kritik. Das "Zentrum zur Bekämpfung von Terrorismus und hybriden Bedrohungen", in dem etwa 15 Experten von Russland, China und dem IS produzierte Falschmeldungen als Bedrohung enttarnen sollen, will "keine Zensur betreiben", wie es auf der Homepage heißt – und auch das Internet werde man nicht abschalten.
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