Die AfD wirbt jetzt zweisprachig
Von Karl Oberascher
Für ihren Berlin-Wahlkampf hat sich die AfD etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Broschüren in fremder Sprache sollen in Sachen Wählergunst helfen. Eine durchaus ungewöhnliche Maßnahme für eine Partei, die in ihrem Grundsatzprogramm von allen Einwanderern die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift verlangt und Deutsch als "Zentrum unserer Identität" sieht.
Berlins AfD-Landeschefs und Bundesvorstand Georg Pazderski hat gegenüber Bild.de eine ganz pragmatische Erklärung für den unerwarteten Wahlkampf-Auftritt parat: Seine Partei sei von den Wählergruppen einfach darum gebeten worden. Pure Nettigkeit also? Praktische Information, nah am Bürger?
Nicht ganz. Die zweisprachigen Broschüren werden in Deutsch-Russisch und Deutsch-Polnisch ausgegeben. Damit werden zwei Migranten-Gruppen angesprochen, die auch schon in der Vergangenheit durchaus zum Stammklientel der AfD, die in Umfragen zur Berlin-Wahl Mitte September bei acht Prozent liegt, zu zählen waren. Schon im Brandburg-Wahlkampf hatte die AfD gezielt Migranten aus dem Ostblock, die in den 1980er- und 1990er-Jahren nach Deutschland einwanderten, angesprochen.
Insbesondere unter Russlanddeutschen gibt es eine offene Ablehnung von Merkels Flüchtlingspolitik. Nachdem eine 13-jährige Russlanddeutsche angeblich von einem "Migranten-Mob" in Berlin vergewaltigt worden war, kam es Anfang des Jahres deutschlandweit zu Demonstrationen. Die Geschichte entpuppte sich als frei erfunden, unhinterfragt weiterverbreitet von russischen Medien.
Insgesamt leben rund 4,5 Millionen deutschstämmige Migranten aus den ehemaligen Sowjetrepubliken in Deutschland, darunter etwa zwei Millionen Russlanddeutsche.
Pure Nettigkeit? Eher maximale Mobilisierung mit ausländerfeindlichen Inhalten. In Türkisch gibt es die Broschüren übrigens nicht. Vielleicht sollte man Herrn Pazderski einfach mal darum bitten.