Deutsche Gräfin rettete die jüngste Bürgermeisterin Afghanistans
Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, gelang es Zarifa Ghafari, in Kabul mit ihrer Familie an Bord eines türkischen Flugzeugs zu kommen, das mittlerweile in Istanbul gelandet sei. Sie wolle nun weiter nach Frankfurt reisen.
"Ich warte, dass sie kommen"
Die 29-Jährige war Bürgermeisterin der Provinzhauptstadt Maidan Shar, die 40 Kilometer westlich von Kabul liegt. In einem Aufsehen erregenden Interview hatte sie um Hilfe gebeten. „Ich sitze hier und warte, dass sie kommen. Es gibt keine Hilfe für mich und meine Familie“, sagte sie dem britischen Nachrichtenportal „inews“.
Es wird berichtet, dass sie ihre Rettung der deutschen Ärztin und Menschenrechtlerin Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels zu verdanken hat, deren Stiftung Ghafari im vergangenen Jahr mit einem Menschenrechtspreis geehrt habe. Sie habe Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer dazu bewegt, den Namen Ghafaris auf eine Liste von Menschen zu setzen, die ausgeflogen werden sollen.
Sie wurde auf die Liste gesetzt
Ghafari war nämlich keine Ortskraft, arbeitete also nicht für Bundeswehr, Auswärtiges Amt oder andere deutsche Organisationen. Solms zufolge war die Rettung nur dank Kramp-Karrenbauers Hilfe möglich geworden, heißt es in der FAZ. Ghafari habe an einem Programm der Stiftung Solms' zur Förderung von „Frauen mit Elitepotential“ teilgenommen.
2018 war Ghafari mit nur 26 Jahren die jüngste Bürgermeisterin des Landes in Maidan Shar geworden, einer 50.000-Einwohner-Stadt in der Provinz Wardak, etwa fünfzig Kilometer von Kabul entfernt.
Erst mit zwölf Jahren durfte sie in die Schule
Sie wuchs unter der Herrschaft der Taliban auf, konnte erst mit zwölf Jahren die Schule besuchen. Ihren Amtseintritt musste sie sich erkämpfen, bewaffnete Männer wollten sie aus dem Rathaus fernhalten. Nach einem Studium in Indien hatte sie bereits einen Radiosender gegründet, bevor sie in die Politik ging. 2020 ehrte sie das US-Außenministerium für ihren Mut mit dem „Woman Of Courage“-Preis.
Ghafari lebte zuletzt in Kabul und pendelte täglich zwei Stunden nach Maidan Shar. Als damals unverheiratete Frau wäre das Leben in Wardak für sie zu gefährlich gewesen. Im Juni musste Ghafari ihren Posten als Bürgermeisterin schließlich räumen. „Die Taliban haben gedroht, meine ganze Familie zu ermorden, wenn ich mich nicht aus der Öffentlichkeit zurückziehe“, erzählte sie der „Bild“-Zeitung. Sie gab schließlich nach: „Ich muss meine Mutter und meine sechs Geschwister schützen“.