Das fast gänzlich totgeschwiegene Massaker am Tiananmen-Platz
Von Walter Friedl
Keine Zeitung griff das heiße Eisen je auf, an Unis und in Schulbüchern fanden die Ereignisse vor 30 Jahren nie Eingang, im Internet sind sämtliche diesbezügliche Suchbegriffe blockiert – die Kommunistische Partei Chinas hat in den vergangenen drei Jahrzehnten alles getan, um das Massaker auf dem zentralen Pekinger Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) in der Nacht zum 4. Juni 1989 aus der kollektiven Erinnerung auszuradieren.
Rückblende: Nach wochenlangen Protesten Hunderttausender Chinesen ließ das Regime die Panzer aufrollen. Das Zeltlager vor dem Mao-Mausoleum wurde brutal geräumt, Hunderte Menschen wurden getötet, manche Quellen sprechen gar von mehr als 1000. Die zarten Blüten der Demokratisierung des Chinesischen Frühlings wurden abgeschlagen. Die Menschenrechtssituation ist bis heute mehr als prekär, Dissens zur Führung wird im Keim erstickt (Gefängnis und Arbeitslager drohen).
„Korrektes“ Handeln
Worte der Reue oder gar Entschuldigung seitens des Regimes in all den Jahren? Fehlanzeige. Äußerungen von KP-Kadern in Peking zur blutigen Niederschlagung gab es fast keine. Und jetzt, zum Jahrestag, sprach Verteidigungsminister Wei Fenghe von „korrekten“ Maßnahmen, die damals notwendig gewesen seien, um das Land vor politischen Unruhen zu bewahren und so stabil zu halten.
In der Folge agierte das Regime unter der Devise „Wohlstand statt Freiheit“. Für bedingungslose Kooperation wurde ökonomischer Aufstieg in Aussicht gestellt. Tatsächlich wuchs die Wirtschaft stark und hievte so Millionen Chinesen auf ein höheres Einkommensniveau.
Westliche Staaten traten und treten in Wettlauf, um sich ein Stück des stets größer werdenden Kuchens im Reich der Mitte zu sichern. Sei es in Form von Investitionen oder als Absatzmarkt. Frei nach dem Motto „It’s the economy, stupid“ treten da selbst bei europäischen Staats- und Regierungschefs Menschenrechte in den Hintergrund. Ein zu starker Verweis darauf könnte sich negativ auf das Business auswirken.
Wie rigoros Peking vorgeht, zeigt sich am Beispiel des damals 21-jährigen Tiananmen-Aktivisten Wu’er Kaixi, der 1989 aus China fliehen musste. „Ich habe meine Eltern seit 30 Jahren nicht gesehen, weil ich nicht einreisen darf. Ihnen wird die Ausreise verweigert, obwohl sie nichts getan haben“, wird Wu’er Kaixi im Deutschlandfunk zitiert. Walter Friedl