Politik/Ausland

Countdown zum Machtwechsel

Störungen sind unerwünscht: In langen Schlangen haben sich deshalb die Besucher von Pekings „Platz des Himmlischen Friedens“ vor Sicherheitsbarrieren einzureihen. Bewaffnete Polizisten bewachen die U-Bahnzugänge, Freiwillige Helfer mit roter Armbinde durchkämmen die wichtigsten Straßen der chinesischen Hauptstadt. Chinas Machtelite tagt – und sie scheint spürbar nervös.

Ein Macht- und Generationenwechsel steht dem Land bevor, bei der seit gestern laufenden Tagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei fallen die letzten Würfel. Die 370 Mitglieder des höchsten Parteigremiums werden dabei finalisieren, was der ab 8. November zusammentretende Parteitag der KP und dessen 2200 Delegierte dann endgültig absegnen werden: Der heutige Vize-Präsident Xi Jinping (59) wird zunächst das Amt des Parteichefs vom 69-jährigen Hu Jintao übernehmen.

Im März soll der neue starke Mann Chinas – oder, wie ihn ein amerikanisches Nachrichtenmagazin bezeichnete, der „neue Führer der unfreien Welt“ dann auch noch Präsident werden. Zur Nummer zwei im Land wird der heutige Vizepremier Li Keqing (57) aufrücken und den amtierenden Ministerpräsidenten Wen Jiabao ablösen.

Erschütterungen

Anders als zu früheren Zeiten der nach außen hin vollkommen undurchschaubaren Machtübergabe hat Chinas allmächtige KP dieses Mal mit Erschütterungen zu kämpfen. Bürgerproteste und Aufbegehren gegen Willkür und Korruption lokaler KP-Politiker haben stark zugenommen. Trotz aller Zensurmaßnahmen dringt auch im internet immer öfter und immer massiver Kritik an der Führung Chinas durch – wobei diese mit aller Härte antwortet: Erst gestern wurde ein 27-jähriger Blogger zu acht Jahren Haft verurteilt, weil er ein Online-Forum organisiert hatte, in dem über Reformen und Demokratie in China diskutiert worden war.