China/Japan: Säbelrasseln um ein paar Felsen
Fünf unbewohnte Inseln und drei nackte Felsen, 350 Kilometer vom chinesischen Festland und rund 400 Kilometer von der japanischen Insel Okinawa entfernt – diese unwirtliche Inselgruppe mitten im Ostchinesischen Meer ist derzeit eine der gefährlichsten Regionen der Welt. Seit Monaten heizen Japan und China den Territorialstreit um sie an, jetzt haben die Muskelspiele um die von Japan als „Senkaku“ und von China als „Diaoyu“ genannten Inseln das Potenzial für militärische Zusammenstöße erreicht – denn nun mischen auch die USA demonstrativ mit, an der Seite ihres militärischen Verbündeten Japan.
Als China vergangenes Wochenende völlig unerwartet eine Luftverteidigungszone über dem Ostchinesischen Meer ausrief, reagierten alle Nachbarstaaten empört. Mit dieser Zone gibt sich Peking selbst das Recht, im Luftraum über dem umstrittenen Seegebiet alle unerwünschten Flugzeuge abzudrängen – oder, wie ein chinesischer Luftwaffen-General gestern drohte, „abzuschießen, wenn die feindlichen Flugzeuge unsere Warnungen ignorieren“.
Völlig inakzeptabel für Washington: Von ihrer Luftwaffenbasis auf Guam aus schickten die USA zwei unbewaffnete B-52-Bomber los, die zwanzig Minuten lang durch die nun von China beanspruchte Luftverteidigungszone flogen. Ob Wink mit dem Zaunpfahl oder Provokation – China reagierte extrem zurückhaltend. Man habe die „Flugzeuge beobachtet und identifiziert“, hieß es dazu knapp aus Peking.
„Papiertiger“
Mindestens genauso martial-nationalistisch kochen die Gefühle in Japan hoch. Tokio beansprucht die Senkaku-Inselgruppe für sich. 1895 war sie annektiert worden, dann aber in japanischen Privatbesitz übergegangen. Seit die Regierung in Tokio die Inselgruppe im Vorjahr zurückkaufte, grollt China bedrohlich und stellt seinerseits Anspruch auf das Gebiet. Es geht um Ölvorkommen, Gas und Fischereirechte, vor allem aber um Nationalstolz und Gebärden der Stärke zwischen den historischen Feinden China und Japan.
Alle Versuche, den Streit diplomatisch zu lösen, verliefen im Sand. Im Gegenteil schicken beide Staaten ständig Fischerboote, oft mit militärischem Begleitschutz, in die Region – und riskieren so Zusammenstöße – mit großem Potenzial, sich bis zu einem Krieg zwischen der zweit- und drittgrößten Volkswirtschaft der Welt auszuwachsen. Die USA, die 50.000 Soldaten auf Japan stationiert haben, stellten vor Kurzem erneut klar: Im Fall eines militärischen Konfliktes Japans steht Washington eindeutig auf der Seite seines Verbündeten. Auch in der Frage der Senkaku-Inseln.