Politik/Ausland

Terrornetzwerk dürfte nicht zerschlagen sein

Es ist ein strahlender Frühlingstag – und die Belgier drängte es am Sonntag ins Freie. "Wir fühlen uns sicherer, nachdem alle Hauptverdächtigen der Anschläge in Paris und Brüssel in Haft oder tot sind", sagt eine Dame am Markt. "Freue dich nicht zu früh", kritisiert die Lehrerin ihren Begleiter. "Ich glaube, dass es immer noch Islamisten auf Stand-by gibt." Ein Sprengstoff-Rucksack vom Anschlag in der Metrostation Maelbeek ist nicht gefunden.

Die Sicherheitskräfte geben noch keine Entwarnung, man wisse nicht, ob das Terrornetzwerk vollständig zerschlagen sei. Überall sieht man noch immer schwer bewaffnete Soldaten. Die U-Bahn fährt nur von 7.00 bis 19.00 Uhr. Ab heute, Montag, soll sie bis 21.00 in Betrieb sein. In allen Bahnhöfen werden die Passagiere streng kontrolliert.

Normalität in der EU-Hauptstadt schaut anders aus, auch wenn die Menschen derzeit mehrheitlich den Eindruck haben, die Sicherheitskräfte arbeiten besser. Der ominöse "Mann mit Hut", der dritte mutmaßliche Terrorist vom Brüsseler Flughafen sitzt in Haft, es ist der Belgier Mohammed Abrini.

Sechs Männer hat die Polizei nach den Attacken von Brüssel am 22. März gefasst, gegen vier von ihnen läuft ein Ermittlungsverfahren.

Die jüngsten Fahndungserfolge zeigen die enge Verbindung zwischen den Terroristen von Paris und Brüssel auf. Gestern gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass die Islamisten Anschläge in Paris geplant hatten, sie kamen aber wegen intensiver Polizeiermittlungen unter Zeitdruck und schlugen in Brüssel zu.

"Trauriger" Vater

Kaum Beachtung finden in den belgischen Medien und in der Öffentlichkeit die Aussagen von des Vaters des am 18. März gefassten mutmaßlichen Paris-Attentäters Salah Abdeslam. Nach einem Besuch im Hochsicherheitsgefängnis in Brügge sagte der Vater gegenüber dem französischen Radiosender Europe 1, dass er auf Einsicht des Sohnes hoffe, auch darauf, dass "alle reden werden. Wer etwas getan hat, muss bezahlen." Er betonte, "sehr traurig, alt und krank" zu sein, und er verstehe nicht, "wie die Kinder in solche Machenschaften geraten".