Politik/Ausland

Satellitenbilder: Geheimes Raketenprogramm in Saudi-Arabien?

Kann man einem Staat, dem man keine Knochensäge anvertrauen kann, Atomwaffen anvertrauen? So in etwa formulierte es der demokratische Abgeordnete Brad Sherman im Vorjahr in Anspielung auf den Mord am saudi-arabisch-stämmigen US-Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul. Sherman aber bezog sich dabei vor allem auf einen möglichen Atom-Deal zwischen den USA und Riad. Bekannt ist: Riad strebt den Bau von mindestens zwei Atomkraftwerken an und verhandelt in der Sache mit der US-Regierung.

Bisher zumindest öffentlich nicht bekannt war: Das Land arbeitet zugleich anscheinend an ballistischen Raketen. So zumindest werden neue Satellitenbilder der in San Francisco ansässigen Firma Planet Labs interpretiert. Zu sehen darauf: Eine in der saudi-arabischen Wüste nahe der Stadt Dawadmi lokalisierte Anlage, die Experten als Testgelände für ballistische Raketen bewerten. Und Erfahrungswerte auf internationaler Ebene legen nahe: Der Bau an ballistischen Raketen und das Streben nach Atomwaffen gehen sehr oft Hand in Hand.

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Eine Kooperation im Atombereich wiederum haben US-Präsident Donald Trump und Saudi-Arabiens Machthaber Mohammed bin Salman bei einem Treffen am 20. März 2018 in Washington vereinbart. Dabei war man bemüht, keinen großen Wirbel zu machen. In den Presse-Aussendungen von amerikanischer und saudischer Seite nach dem Treffen ist aber lediglich von „neuen wirtschaftlichen Abkommen“ die Rede.

Dass verhandelt wird, ist mittlerweile aber öffentlich. Und bekannt ist auch, wo es hakt – ein kleines Iran-deja-vu: Es geht um die Anreicherung von Uran. Saudi-Arabien besitzt große Uran-Vorkommen und besteht darauf, den gesamten Kreislauf vom Abbau über die Anreicherung bis zur Abarbeitung abgebrannter Brennstäbe im eigenen Land zu vollziehen. Das Problem daran: In genau diesem Kreislauf fallen Materialien an, die zum Bau von Bomben verwendet werden können. Und noch ein Iran-deja-vu: Riad betont, an einem rein zivilen Programm interessiert zu sein.

Das aber steht schon durch Aussagen des saudischen Machthabers höchst persönlich in Frage – und dabei geht es ganz unverhohlen um den Iran. In einem Interview mit dem Sender CBS knapp vor seinem Treffen mit Trump im März 2018 hatte der saudische Kronprinz gesagt: „Saudi-Arabien will in keiner Weise eine Atombombe erwerben. Aber ohne Zweifel: wenn der Iran eine Atombombe entwickelt, werden wir seinem Beispiel so schnell wie möglich folgen.“

Riad und Teheran befinden sich in einem bitteren Machtkampf um Einfluss in der Region. Der Krieg in Syrien sowie der im Jemen aber auch die von Saudi-Arabien angestachelte Blockade Katars sowie Teherans Ringen um Einfluss im Irak können dabei durchaus als Stellvertreterkonflikte zwischen den beiden Staaten angesehen werden. Das Atomabkommen zwischen den USA und Teheran wiederum sollte eine Ausweitung des Wettrüstens der beiden Regionalmächte auf nukleare Ebene unterbinden. Dieses Abkommen hat Trump aber aufgekündigt.

Ein Argument, das amerikanische Befürworter einer US-saudischen Atomkooperation jetzt ins Rennen führen: Saudi-Arabien verhandelt dem Vernehmen nach derzeit mit 10 Konzernen aus unterschiedlichen Staaten über den Bau von Reaktoren. Der Schluss daraus aus US-Sicht: Wenn es wir nicht tun, dann tun es eben die Russen oder die Chinesen. Zudem dürfte Saudi-Arabien maßgeblich Pakistan beim Bau seiner Atomwaffen finanziell unterstützt haben. Ausgegangen wird davon, dass es ein Abkommen zwischen den beiden Staaten gibt, wonach sich Riad im Ernstfall Atomwaffen von Pakistan leihen könnte.

US-Befürworter eines Abkommens in den USA streben daher ähnlich wie im Iran-Abkommen eine zeitlich begrenzte Stufen-Lösung an. Dabei würde eine Anreicherung über einen gewissen Grad (4% braucht es für normale Reaktoren, 90% für Waffen) auf eine gewisse Zeitspanne untersagt.

Trumps Beweggründe wiederum werden dabei viel eher auf die USA bezogen gesehen, wie er schon bei seinem Amtsantritts-Besuch in Riad betonte: „Jobs, Jobs, Jobs.“ Ist doch der Umfang des Abkommens beachtlich: Im Raum stehen Aufträge im Umfang von 80 Mrd. Dollar.

Dass sich die US-Administration aber bisher dermaßen bedeckt gegeben hat was die Verhandlungen angeht, hat jedenfalls Abgeordnete und Senatoren aller Lager im US-Kongress auf den Plan gerufen. Mit Stimmen aus beiden Parteien hat sich der Kongress in Abgeordnetenhaus und Senat bereits im vergangenen Dezember ein Vetorecht gesichert. Was auch immer Trumps Regierung also ausverhandelt muss vor Abschluss dem Kongress vorgelegt werden.