"Bluttat ist direkter Angriff auf Freiheit"
Ex-Außenministerin Ursula Plassnik ist seit 2011 Österreichs Botschafterin in Paris.
KURIER: Was ist der Grund für die schweren Terrorattacken?
Ursula Plassnik: Terrorismus kennt keine Grenzen. Madrid, London, Istanbul, Brüssel, Bagdad, Paris und jetzt Nizza. Überall die Blutspur des Terrors, überall das Sterben unschuldiger Menschen. Junge Leute aus allen Ländern lassen sich einfangen von der menschenverachtenden Zerstörer-Ideologie des Terrors.
Machen Frankreichs Sicherheitsbehörden zu wenig?
Nein. Frankreich arbeitet mit höchstem Einsatz, um den Schutz seiner Bürger und Gäste zu gewährleisten. Fast 100.000 Sicherheitskräfte sind im Land aufgestellt, eine enorme Belastung. Leider gelingt es den Massenmördern immer wieder, die Grenze des unvorstellbar Bösen zu verschieben. Wer denkt schon an einen Lastwagen als Mordwaffe auf einer Promenade?
Wie ist die Stimmung im Land?
Es herrscht fassungslose Trauer. Vor der Fußball-EM war die Stimmung merkbar angespannt, aber alles ging gut, es gab keinen ernsthaften Sicherheitszwischenfall mit Ausnahme der Ermordung des Polizistenpaares. Und jetzt dieser hinterhältige Mordanschlag. Die Franzosen verstehen die Bluttat als direkten Angriff auf ihre Freiheit.
Vertrauen die Menschen noch den Sicherheitskräften?
Ja. Die Franzosen beugen sich gelassen den vielen Sicherheitsvorkehrungen. Sie stehen zu ihren Gendarmen, Soldaten und Polizisten. Tausende Jugendliche melden sich in diesen Monaten bei Armee und Polizei, um ihr Land zu schützen. Gerade gestern, bei der Militärparade am Nationalfeiertag, haben 450 jugendliche Freiwillige zum Abschluss die Marseillaise gesungen. Auch ein Signal der Unbeugsamkeit.