Bestechung? Polizei empfiehlt weitere Anklage gegen Netanyahu
In der Korruptionsaffäre um die größte Telekomgesellschaft Israels hat die Polizei empfohlen, Anklage gegen Regierungschef Benjamin Netanyahu und seine Frau Sara zu erheben. Die Ermittlungen hätten genügend Beweise für Betrug und Bestechlichkeit geliefert, teilte die Polizei am Sonntag mit. Netanyahu erklärte umgehend, es gebe keine rechtliche Grundlage für eine derartige Empfehlung.
Ein Austausch an Gefälligkeiten?
Netanyahu wird zur Last gelegt, dem Konzern Bezeq Telecom Israel regulatorische Vorteile verschafft zu haben. Im Gegenzug sollen positive Berichte über ihn und seine Frau auf einer Internetseite veröffentlicht worden sein, die zu dem Unternehmen gehört.
Netanyahu wies die Vorwürfe entschieden zurück. Er sei zuversichtlich, dass es letztlich nicht zu einer Anklage kommen werde, "weil es nichts gibt", hieß es in seiner Mitteilung.
Netanyahu: "Hexenjagd der Medien"
Die Polizei hatte bereits empfohlen, Netanyahu wegen Korruption in zwei anderen Fällen anzuklagen. Die Entscheidung, ob wirklich Anklage erhoben wird, liegt beim Generalstaatsanwalt. Dies kann noch Monate dauern. Der Ministerpräsident bestreitet ein Fehlverhalten und hat die Vorwürfe gegen ihn als Hexenjagd der Medien dargestellt.
In dem neuen Fall wird Netanyahu verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekommunikationsunternehmen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Gegenzug soll das zum Konzern gehörende Medium Walla positiv über ihn berichtet haben. Der Regierungschef und seine Vertrauten sollen auch Einfluss auf wichtige Ernennungen bei Walla genommen haben. Netanyahu gab das Ministeramt 2017 ab. Die Polizei empfiehlt auch eine Anklage des Bezeq-Besitzers Shaul Elovitch, von dessen Ehefrau und Sohn sowie drei weiteren Verdächtigen.
"Die Beweise zeigen, dass zwischen Netanyahu, seinen Vertrauten und Elovitch korrupte Beziehungen herrschten", hieß es in der Polizeimitteilung.
Zigarren und Champagner
Im Februar hatte die israelische Polizei bereits in zwei anderen Fällen eine Anklage wegen Korruption empfohlen. Demnach sollen Netanyahu und seine Familie in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsmännern Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel (heute 237.416,90 Euro) angenommen haben. Es handle sich um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer, teilte die Polizei damals mit.
Im Gegenzug soll sich Netanyahu unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Außerdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu erhalten.
Zudem soll Netanyahu versucht haben, unrechtmäßig Einfluss auf die Medienberichterstattung zu nehmen. Dabei soll er sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung "Yedioth Ahronoth" zu sichern. Im Gegenzug habe Netanyahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung "Israel Hayom" zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt.
Im Oktober hatte ein Prozess gegen Netanyahus Ehefrau Sara begonnen. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, zwischen 2010 und 2013 mit einem Mitarbeiter in Edelrestaurants auf Staatskosten Essen im Wert von umgerechnet 83.000 Euro bestellt zu haben, obwohl die Familie gleichzeitig eine Köchin beschäftigte.
Als Oppositionsführer hatte Netanyahu 2008 den damaligen Regierungschef Ehud Olmert zum Rücktritt gedrängt, als dieser unter Korruptionsverdacht stand. Die Korruptionsvorwürfe hatten damals Olmerts politische Karriere beendet, er musste für mehr als ein Jahr ins Gefängnis.