Politik/Ausland

Asylkrise: ÖVP-Chef Mitterlehner rechnet mit "Teillösung"

Österreich will sich in der Europäischen Union wegen des verschärften Kurses in der Flüchtlingspolitik nicht an den Pranger stellen lassen – und intensiviert daher die Bemühungen, seine Position verständlich zu machen: Am Dienstag hatte Kanzler Werner Faymann EU-Ratspräsident Donald Tusk die heimische Sichtweise erklärt. Mittwochnachmittag reiste Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach Brüssel, um bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Überzeugungsarbeit zu leisten.

Bereinigung

Mitterlehner sagte nach dem Treffen, es sei eine "atmosphärische Bereinigung" gelungen. Der ÖVP-Chef befand auch, es sei Österreich geglückt, mit den "nationalen Maßnahmen die Diskussion in Gang zu bringen".
Juncker habe ihm bestätigt, dass sich die EU-Kommission darum bemühe, die Mitgliedsländer und andere Länder dazu zu bewegen, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Anstrengungen dürften angesichts der sich zuspitzenden Lage in Griechenland langsam Wirkung zeigen.

Mitterlehner wollte zwar aus Rücksicht auf die Kommission sowie auf die betroffenen Staaten keine Details nennen. Die norwegische Regierungschefin Erna Solberg hat allerdings angekündigt, ihr Land werde 3000 syrische Flüchtlinge aufnehmen, die sich noch nicht in der EU befinden. Auch an der Verteilung der schon hier befindlichen Menschen will das Nicht-EU-Mitglied mitwirken (1500 Menschen).
Bekannt ist auch, dass Portugal bereit ist, Flüchtlinge zu übernehmen.

Keine solchen Signale gibt es hingegen von den Visegrad-Staaten (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn). Das bekräftigte auch Mitterlehner in Brüssel. Er rechnet daher mit einer "Teillösung", was die Verteilung von Flüchtlingen betrifft. Die Zeit drängt. Mitterlehner meint, dass in Griechenland in wenigen Tagen 70.000 Menschen festsitzen werden. Und Hilfe benötigen auch jene Menschen dringend, die wegen der Angriffe im syrischen Aleppo in Not sind, aber nicht in die Türkei einreisen dürfen.

Der ÖVP-Chef ist überzeugt, dass die Bemühungen auf EU-Ebene vor allem deshalb vorangehen, weil Österreich einen restriktiveren Kurs – Stichwort Obergrenzen – eingeschlagen hat. Hierzulande sollen heuer maximal 37.500 Asylanträge angenommen werden – und 3200 Flüchtlingen wird pro Tag die Durchreise nach Deutschland erlaubt. An diesen Limits werde man festhalten, ließ Mitterlehner Juncker wissen.

Verfahrensfrage offen

Die EU-Kommission sieht in den Obergrenzen hingegen weiterhin einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention, die Genfer Flüchtlingskonvention und die EU-Grundrechtecharta. Ob die Kommission ein Verfahren gegen Österreich initiieren wird, ist offen. Mitterlehner, der überzeugt ist, dass Österreich rechtskonform vorgeht, sagte: "Ich kann nicht sagen, dass es kein Verfahren geben wird." Juncker habe bei dem Gespräch zumindest Verständnis für die Belastung Österreichs gezeigt.