Asyl-Krise: System Schengen auf dem Prüfstand
Falls es nicht gelingt, die Flüchtlingskrise zu meistern, steht die Freizügigkeit im Schengen-Raum und das gesamte System der Schengen-Zusammenarbeitauf dem Spiel. Davor warnte zumindest der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka.
"Das Migrations-Problem ist ein Problem des gesamten Europa. Man kann nicht vor dieser Aufforderung fliehen. Und es steht viel auf dem Spiel - das gesamte System der Schengen-Zusammenarbeit und der Freizügigkeit innerhalb der EU, also einer der grundlegenden Pfeiler der europäischen Integration", warnte Sobotka. Europa kann sich laut dem Regierungschef nicht nur auf die Folgen der Krise konzentrieren. Das wichtigste sei die Beendigung der Konflikte in Syrien und Libyen sowie eine Verbesserung der Lebensbedingungen in den Heimatländern der Flüchtlinge. Erst dann würden die Immigranten vielleicht aufhören, ihr Leben in der Wüste oder auf See zu riskieren, so der Premier.
Die Flüchtlingskrise Europas manifestiert sich am schwersten derzeit am Balkan: Der Zustrom Balkan reißt nicht mehr ab, im Süden Serbiens trafen am Montag im Grenzort Miratovac weitere 2000 Flüchtlinge aus Mazedonien ein, wie ein Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mitteilte. Die Organisation hatte am Wochenende bereits mehr als 7000 ankommende Flüchtlinge in dem Grenzort gezählt.
90.000 in Serbien
In Miratovac werden die entkräfteten Migranten versorgt, bevor sie zur Registrierung in die nahegelegene Stadt Presevo gebracht werden. Die meisten Flüchtlinge wollen anschließend weiter über Ungarn nach Mittel- und Nordeuropa. Mazedonien hatte am Donnerstag seine Grenze zu Griechenland geschlossen, so dass sich im Grenzgebiet tausende Flüchtlinge sammelten, die über Tage im Freien übernachten mussten. Am Samstag wurde der Andrang so groß, dass Mazedonien nachgeben musste und die Flüchtlinge wieder ins Land ließ. Tausende suchten sich daraufhin einen Weg durchs Land nach Serbien, indessen hunderte weitere aus Griechenland an der Grenze nach Mazedonien eintrafen.
Im mazedonischen Grenzort Gevgelija warteten am Montag rund tausend Migranten in einem Zeltlager, das von den Behörden errichtet worden war, auf die Ankunft eines Zuges, der sie an die serbische Grenze bringen sollte. Wie ein AFP-Reporter berichtete, verließen bereits am Morgen rund 450 Flüchtlinge die Stadt in mehreren Bussen. Die Gefahr, dass sich eine ähnliche Situation demnächst in Ungarn wiederholen könnte, sieht man am Belgrader Zentrum für Asylbewerber-Hilfe. Derzeit würden die Flüchtlinge die Grenze nach Ungarn problemlos passieren. Wird der ungarische Grenzzaun wirklich fertiggestellt, könnten Hunderte Flüchtlinge versuchen, die Grenze doch noch zu überqueren. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, die derzeit in Serbien eintreffen, sind nach Angaben der Behörden aus Syrien. Seit Jahresbeginn wurden im Land mehr als 90.000 Flüchtlinge registriert. Der serbische Flüchtlingskommissar Vladimir Cucic erklärte dies heute, Montag, gegenüber dem TV-Sender "Pink" .
Gewalt in Deutschland "beschämend"
Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier pochte am Montag darauf, dass Flüchtlinge und Asylwerber in der EU mit einer verbindlichen Quote auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte auch Steinmeier, dass Länder etwa auf dem Westbalkan, die sich in einem EU-Beitrittsverfahren befinden, als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden müssten. Deutschland kämpft indes mit schweren Gewaltproblemen gegen Flüchtlinge: Mehrere Nächte in Folge tobte in Sachsen ein rechter Mob vor einer Asylunterkunft. Auch in Baden-Württemberg kam es in der Nacht zu einem Vorfall: Dort brannte ein geplantes Asylheim komplett aus. Die deutsche Regierung hat die wiederholten Ausschreitungen als "beschämend" kritisiert. Sie verurteile "die gewaltsamen Ausschreitungen und die aggressive fremdenfeindliche Stimmung auf das Schärfste", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag vor Journalisten in Berlin.