"Anti-Terrormaßnahmen der EU sind Placebo"
Europa-Abgeordneter Josef Weidenholzer ist Menschenrechtssprecher der Sozialdemokratischen Fraktion und Mitglied des Ausschusses für Innen- und Justizpolitik. Das Europäische Parlament hat volles Mitentscheidungsrecht bei Fragen der Innen- und Justizpolitik. Der KURIER sprach mit ihm über
die geplanten Anti-Terrormaßnahmen der EU - Der islamistische Terror ist eine echte Bedrohung unserer Freiheit. Man kann es mit 9/11 vergleichen. Die Pläne zur Verschärfung der Vorratsdatenspeicherung, die der EuGH mit Recht aufgehoben hat, oder der Fluggastdaten-Austausch, haben den Terror nicht verhindert. Die Anti-Terrormaßnahmen der EU sind Placebo.
Über sinnvolle Strategien der EU - Ich schlage ein Fünf-Punkte-Programm vor. Erstens, die Behandlung und Therapie jesidischer Frauen in der EU. Viele Frauen wurden nach Pakistan, Saudi-Arabien oder Syrien verkauft. Rund 3000 Frauen werden immer noch von der Terrormiliz ISIS (IS) gefangen gehalten. Es muss politischen Druck auf diese Länder geben, die Frauen zu befreien. Zweitens braucht es eine Stärkung der Strukturen in der Autonomen Region Kurdistan. Drittens muss die EU Maßnahmen gegen den illegalen Waffenhandel setzen, wir brauchen eine Harmonisierung der Waffengesetze. Viertens müssen die Geldflüsse an Terroristen unterbunden werden. Die EU-Geldwäsche-Richtlinie muss strikter angewandt werden. Fünftens sind ein Ausstiegsprogramm aus dem Dschihadismus und mehr gut ausgebildete Polizeikräfte erforderlich.
EU-Maßnahmen in Kurdistan - Hier leben fünf Millionen Menschen, dazu kommen zwei Millionen Flüchtlinge. Da tickt eine Bombe. Eine militärische Intervention steht bevor, Flüchtlingsströme werden zunehmen. Die EU-Kommission leistet im Nordirak humanitäre Hilfe im Ausmaß von 60 Millionen Euro und wird ein Büro in Erbil eröffnen. Europa muss sich um sichere Korridore für Schutzsuchende und Flüchtlinge kümmern. Das wäre ein Schlag gegen das Schlepperunwesen und gegen den Menschenhandel.
Büros für Asylwerber in Drittstaaten - Ich unterstütze Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in ihrer Forderung, Asylanträge generell in Drittstaaten zu stellen. Die UNO-Menschenrechtsorganisation UNHCR soll diese Büros übernehmen. Das Dublin-System, das vorschreibt, in jenem EU-Land, das von Flüchtlingen zuerst erreicht wird, den Asylantrag zu stellen, gehört abgeschafft. Wir brauchen eine faire Aufteilung der Flüchtlinge.
Neue EU-Asyl- und Migrationsregelungen - Die EU-Kommission will neue Einreise-Regelungen noch in diesem Halbjahr vorlegen.