Politik/Ausland

Menschenrechtslage in Ägypten schlimmer als unter Mubarak

Angesichts zahlreicher Menschenrechtsverstöße in Ägypten hat die Organisation Amnesty International (AI) ein düsteres Bild der Lage am Nil gezeichnet. "Ägypten ist mit einer Menschenrechtskrise konfrontiert. Diese kann nicht einmal mit den dunkelsten Stunden des Mubarak-Regimes verglichen werden", sagte AI-Experte Mohammed Ahmed der Deutschen Presse-Agentur vor dem Besuch von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Kairo am Donnerstag.

Nur internationaler Druck könne die Regierung beeinflussen. "Merkel muss eine lange Liste von Dingen ansprechen", sagte Ahmed. Die autoritäre Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi unterdrückt abweichende Meinungen in Gesellschaft und Medien. Menschenrechtsorganisationen zufolge sitzen Zehntausende teilweise ohne angemessenen Prozess im Gefängnis.

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Hunderte Fälle von Folter

"Folter ist weit verbreitet in den staatlichen Sicherheitsbehörden", erklärt Experte Ahmed. Amnesty International habe Fälle dokumentiert und geht von wenigstens Hunderten aus. Festgehaltene würden bei Befragungen unter anderem mit Stromschocks im Genitalbereich, dem Herausreißen von Nägeln und Schlägen gequält. Darüber hinaus schloss die Regierung kürzlich das Kairoer Nadim-Zentrum, das Gewalt- und Folteropfern geholfen hat.

Ahmed forderte, dass Regierungen Waffenlieferungen an Ägypten einstellen sollten, um die Führung zum Umdenken zu bewegen. Die deutsche Bundesregierung hatte erlaubt, dass 2016 Rüstungsgüter im Wert von 400 Millionen Euro an den Nil gehen.

Der CDU-Wirtschaftsrat verteidigte indes den Besuch von Merkel in Ägypten und ihre geplanten Gespräche mit dem autoritären Staatschef Abdel Fattah al-Sisi über Flüchtlinge gegen Bedenken. "Die Reise der Kanzlerin ist gut", sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wenn Fluchtursachen bekämpft werden sollen, wo sie entstehen, gehört Ägypten auf die Tagesordnung." Ägypten grenzt an Libyen. Von dort aus brechen die meisten Flüchtlinge aus Afrika über das Mittelmeer nach Europa auf.

Fluchtursachen bekämpfen

Steiger sagte, Deutschland und Europa müssten den Herkunftsländern von Flüchtlingen mehr helfen. "Wir werden generell mehr Geld in die Hand nehmen und vor Ort investieren müssen." Das sei besser, als in Deutschland in langwierigen Verfahren festzustellen, dass viele Flüchtlinge nicht verfolgt worden, sondern aus wirtschaftlichen Gründen gekommen seien. Sie müssten dann aufwendig abgeschoben werden. Es sei allemal besser, Aufbauhilfe in den betreffenden Staaten zu leisten, als "wieder panisch Flüchtlingsheime" in Deutschland zu bauen.

Al-Sisi wolle sein Land wirtschaftlich voranbringen und unterstütze Investoren. "Viele Unternehmer sind der Überzeugung, dass die Regierung Al-Sisi für Stabilität steht und das Land in dem großen Chaos in der Region von Libyen bis Syrien und Irak wieder zur Ruhe gebracht hat", sagte Steiger. "Ägypten ist wirtschaftspolitisch ein sehr wichtiges Land, das auf der Kippe stand."