200 Mio. gefordert: IS-Rache für Flüchtlingshilfe
Von Andreas Schwarz
Am Samstag hatte Japans Regierungschef Shinzo Abe in Kairo die Unterstützung Japans für den Kampf gegen den IS-Terror unterstrichen: 200 Millionen US-Dollar (172,34 Mio. Euro) stelle Tokio an nicht-militärischer Hilfe für Flüchtlinge und Infrastruktur bereit, für den Libanon, die Türkei und „für die Länder, die mit dem IS kämpfen“. Drei Tage später präsentierte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ ihre zynische Antwort: In einem Video zeigt sie zwei japanische Geiseln und droht mit ihrer Ermordung, sollte Japan nicht binnen 72 Stunden Lösegeld an die Miliz zahlen – und zwar exakt 200 Millionen Dollar.
Das Video ähnelt jenen Videobotschaften, die der IS schon früher gesendet hat. Die Geiseln sind in orange Overalls gekleidet. Bei dem schwarz vermummten Mann, der die Botschaft überbringt, dürfte es sich um „Jihadi-John“ handeln – jenen Dschihadisten also, der die US-Amerikaner James Foley und Steven Sotloff und die Briten David Haines und Alan Henning enthauptet hat. Er sagt in dem Video mit britischem Akzent, der IS habe die Geiseln als Strafe für Japans Unterstützung im Kampf gegen den IS genommen. Es ist die erste offizielle Lösegeldforderung des IS.
Japan hält an Hilfe fest
Bei den beiden Geiseln handelt es sich um Kenji Goto Jogo und Haruna Yukawa. Ersterer ist ein japanischer Journalist, der über den syrischen Bürgerkrieg schrieb. Yukawa soll, wie Bekannte berichten, als Teil eines Selbstfindungstrips nach Aleppo gereist und offenbar psychisch krank sein. Japans Premier Abe forderte während eines Besuchs in Jerusalem die sofortige Freilassung der beiden japanischen Gefangenen. Am Finanzbeitrag für die vom IS bedrohten Länder werde Tokio auf jeden Fall festhalten. Unterdessen ist es erstmals seit Beginn der US-geführten Militärintervention gegen den IS im Vorjahr im Irak zu einem Feuergefecht westlicher Soldaten mit IS-Kämpfern gekommen. Kanadische Spezialeinheiten seien mit Maschinengewehren und Granaten beschossen worden, als sie mit irakischen Soldaten die Front inspizierten, sagte Brigadegeneral Michael Rouleau auf einer Pressekonferenz in Ottawa. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert und die Stellungen des IS ausgeschaltet.
Kanada fliegt Luftangriffe und bildet die irakische Armee für den Kampf gegen die radikale Sunnitenmiliz aus. Die 69 Soldaten beteiligen sich nicht am aktiven Kampf, können bei Angriffen aber zurückschießen. Der IS beherrscht große Teile im Norden und Westen des Iraks. Ein internationales Bündnis unter US-Führung greift die Extremisten seit August regelmäßig aus der Luft an. Zudem unterstützt es die irakischen Streitkräfte und die kurdischen Peschmerga im Norden mit Waffen und Ausbildung. In Australien ist nach den Terroranschlägen in Frankreich auf die Redaktion von Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt und zuvor in Kanada auf Polizisten die Terrorwarnstufe von „Mittel“ auf „Hoch“ gestuft worden. Schon im September waren bei einer Geiselnahme in Sydney der islamistische Täter und zwei Geiseln getötet worden.
Razzia in Berlin
Vier Tage nach der Festnahme zweier mutmaßlicher Terroristen hat die Berliner Polizei ihre Ermittlungen gegen eine islamistische Logistikzelle ausgeweitet. Am Dienstag durchsuchten zahlreiche Polizisten, Staatsanwälte und ein Spezialeinsatzkommando weitere Wohnungen – elf in Berlin, eine in Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam und eine in Nordhausen im Bundesland Thüringen.
Knapp 60 Staaten haben sich unter Führung der USA gegen den „Islamischen Staat“ verbündet. Jeder steuert etwas anderes bei. Die Palette reicht von militärischen Einsätzen über diplomatische, finanzielle und nachrichtendienstliche Hilfe.
Luftangriffe auf IS-Stellungen :
im Irak fliegen neben der US-Luftwaffe auch Franzosen, Briten, Kanadier oder Saudis. Australien leistet ebenfalls militärische Hilfe. Rüstungsgüter steuern etwa Italien, Deutschland, Dänemark, Polen, Estland oder Albanien bei. Finanzielle Hilfe – vor allem für Flüchtlinge – leisten zahlreiche Länder, darunter sind etwa Japan, Norwegen, Dänemark, Finnland, Ungarn, Schweiz, Südkorea, Kuwait, Spanien, Irland und Luxemburg. Österreich beteiligt sich ebenfalls mit humanitärer Hilfe und ist politisch involviert.