Auf den Zahn gefühlt
Von Hedwig Derka
Er leidet wie ein Hund. Die Schmerzen im Maul quälen ihn. Das Fressen tut weh, durchbeißen geht einfach nicht mehr, das Futter bleibt stehen. Da hilft nur noch Zähne zeigen. "Zahnprobleme treten bei Haustieren sehr häufig auf. Vor allem kleine Hunderassen und Katzen sind betroffen", sagt Thomas Voracek aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Der Zoodoc in der Tierärztlichen Ordination Tiergarten Schönbrunn weiß, welch wichtige Funktion Milchzähne erfüllen und wie sinnvoll die jährliche Routinekontrolle des Gebisses ist. "Zahnprobleme gehören unbedingt saniert. Sie schwächen sonst den gesamten Organismus des Tieres", sagt auch KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter.
Rosa Kiefer, Milchzähne, bleibendes Gebiss – so machen sich bei Hund und Katze die Beißerchen breit. "Die Zeit des Zahnwechsels ist besonders wichtig", erklärt Voracek. Milchzähne sind Platzhalter für die nachfolgende Garnitur. Sind sie geschädigt, setzt sich das fort. Fallen sie nicht rechtzeitig aus, können die Zweiten nicht an der richtigen Position durchbrechen, Fehlstellungen sind die Folge. Zähnereißen schafft Raum.
Innen
"Zu viel Zucker ist schlecht für die Zähne, gesunde Ernährung tut ihnen gut", erklärt der Experte. Die Zahnsubstanz verdichtet sich mit den Jahren, junge Zähne sind innen weich und damit anfällig. "Junge Hunde sollten nicht mit harten Dingen spielen", sagt der Tierarzt. Schon gar nicht mit Steinen. Gerade die langen Eckzähne drohen dabei abzubrechen. Auch Tennisbälle sind ungeeignetes Spielzeug. Die Filzoberfläche wirkt wie Schmirgelpapier.
"Zahnpflege bei Haustieren ist heftig diskutiert", sagt Voracek. Kauknochen? Kaustangerl? Zahnpasta? Das Veterinary Oral Health Council VOHC zeichnet mit einem Siegel jene Produkte aus, für die die pflegende Wirkung nachgewiesen ist. Ablagerungen lassen sich durch Abreibung um bis zu fünfzig Prozent reduzieren. Plaque könnte auch mit Bürste und Pasta entfernt werden. Der Tierarzt kennt seine sensible Klientel: "Die Akzeptanz des Zähneputzens ist gering."
Außen
Zahnbelag schadet der Zahngesundheit. Bakterien lagern sich ab, es bildet sich Zahnstein, diese feste Kruste begünstigt Zahnfleischentzündungen und eine Rückbildung des Zahnfleisches. "Paradontose legt die Zahnhälse frei. Im schlimmsten Fall führt das zum Verlust des Zahnes", sagt der Experte.
Fünfzig Prozent der Katzen ab fünf Jahre leiden unter massiven Löchern. Die kurz FORL genannte Krankheit beginnt mit einer Auflösung des Zahnes im Wurzelbereich und endet in der Krone. Die Behandlung reicht vom Versiegeln über Füllungen bis zum Ziehen. "Kein Zahn ist besser als ein schlechter Zahn", sagt Voracek. Sein wichtigster Rat: "Ein Mal im Jahr soll der Tierarzt einen Blick ins Maul werfen und mit dem Besitzer das Notwendige besprechen."
Milchzähne sind Platzhalter, Nagezähne wachsen stets nach
Grünschnabel, Maul auf! Da tut sich nicht viel. Hunde- und Katzenbabys kommen zahnlos zur Welt, ebenso die meisten Kleintiere für daheim. Nicht so Meerschweinchen, sie machen ihrer Einordnung als Nager von Anfang an alle Ehre. Ihre Milchzähne werden noch vor der Geburt durch die bleibenden ersetzt.
Hundewelpen sind vier, fünf Wochen alt, wenn die ersten Zähne durchbrechen. Im Alter von fünf bis sieben Monaten macht sich an Stelle der 28 Milchzähne ein dauerhaftes Gebiss breit. Ausgewachsene Hunde ergreifen, zerreißen und zerkauen ihre Nahrung schließlich mit 12 Schneide-, 4 Eck-, 16 vorderen und 10 hinteren Backenzähnen. Theoretisch. "Die wenigsten Hunde verfügen über ein vollständiges Gebiss mit 42 Zähnen", sagt Zoodoc Thomas Voracek aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Meist bleiben die Zähne hinter den Eckzähnen auf der Strecke.
Bei Katzenkindern zeigen sich die ersten Zähne rund drei Wochen nach der Geburt. Ab dem zweiten Lebensmonat schieben langsam, aber sicher, 30 permanente Zähne die 26 Milchzähne weg. Selten ist das vollständige Gebiss mit 12 Schneide-, 4 Eck-und 14 Backenzähnen voll ausgebildet.
Bei neugeborenen Nagetieren wie Hamster, Maus und Ratte sind die Zähne bald da – und bleiben für immer. Trotz der Vielfalt in Körperbau und Lebensweise verfügen Nagetiere über ein relativ einheitliches Gebiss – mit 16 bzw. zwanzig permanenten Zähnen. Die vergrößerten mittleren Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer sind charakteristisch, ebenso die großen Lücken, die sich auftun, bevor sich die Backenzähne aneinander reihen. "Die stark beanspruchten Nagezähne wachsen zeitlebens weiter", sagt Voracek. Backenzähne dagegen haben bei den meisten Arten ein begrenztes Wachstum.