Dacia Jogger im Test: Was kann der billigste Siebensitzer?
Von Andrea Hlinka
Sterne sind mächtig. Das ist nicht im astrologischen Sinn gemeint. Es geht um Bewertungen, und zwar solche, die entscheiden, ob man ein Auto kauft oder nicht. Oder wer will seine Kinder in ein Auto setzen, das nur einen Stern beim offiziellen NCAP-Crash-Test bekommen hat? Wohl die wenigsten. Nur ist es so: Einen Unfall will man mit keinem Auto haben, auch nicht mit einem großen SUV, der auf der Sterneskala von Gerda Rogers ganz oben steht.
Ein Stern, weil kaum Assistenten eingebaut sind
Unfälle zu vermeiden, liegt in der Hand der Lenker. Doch manchmal sind diese nicht ganz bei der Sache, sind abgelenkt durch Displays, die bimmeln und zucken, irgendeine Avatarenstimme, die ungefragt eine Nachricht vorliest oder so etwas Irdischem wie Kinder, die weinen. Ob Assistenten tatsächlich hilfreich sind oder einfach nur nerven, ist eine Frage ihrer Intensität. Beim Jogger kann wenig nerven, denn er hat einfach kaum welche. Er hat natürlich jene Assistenzsysteme, die für neuzugelassene Autos seit Mitte des Jahres 2022 gesetzlich vorgeschrieben sind, wie den Notbremsassistenten oder den Toter-Winkel-Warner. Hingegen sucht man zum Beispiel den Spurhalteassistent, den Notbremsassistent für Fußgehende und Radfahrende, 360-Grad-Kamera, adaptiven Tempomat beim Jogger vergebens.
Die dritte Sitzreihe
Außerdem hat der Dacia Jogger optional zwar eine dritte Sitzreihe, dort jedoch keine Gurterinnerung. Ja, es gab auch mal eine Zeit, in der man sich nicht anschnallen musste. Aber aus dieser Zeit sind wir, bei aller Liebe zur Eigenverantwortung, zum Glück raus.
Es wäre vermessen, von einem Auto, das in der absoluten Topausstattung knapp mehr als 20.000 Euro kostet, dieselbe Darbietung zu erwarten wie von einem Luxusschlitten. Irgendwo muss sich der Preisunterschied ja manifestieren. Am liebsten in der Leistung, in den Materialien, dem Design und so weiter. Weniger gern in Sicherheitsbelangen. Die dürften eigentlich kein Preisschild haben. Denn es gibt genügend Menschen, die ihr Geld anders zusammenhalten müssen, als in ein teures Auto zu investieren.
Darf man ein Auto, das im Crashtest 2022 schlecht bewertet wird, nun kaufen, wenn man seine Familie liebt? Ja, klar, denn es ist für die Straße zugelassen. Und ziemlich sicher sicherer, als so manches Gefährt älteren Jahrgangs, das sich hier tummelt. Im Durchschnitt sind die Autos auf Österreichs Straßen 8,3 Jahre alt.
Wie er sich fährt
Fahren lässt sich der Dacia Jogger jedenfalls ganz gut. Er macht, was man will, auch wenn die Lenkung etwas schwammig ist, das Lenkrad speckig, die Sitze zu weich, um von Wien bis Tirol ohne Rückenschmerzen zu kommen. Doch man kann bis zu sechs Menschen mitnehmen, oder Unmengen in den Kofferraum schieben. Man ist nicht sauer, wenn der Sitzbezug angepatzt ist. Man weint nicht, wenn ein Kratzer in der Karosserie ist oder ein Lamperl kaputt ist und der Tausch so viel kosten würde wie ein neuer Jogger.
Und: Der Dacia Jogger fördert Rücksicht. Das Bewusstsein, ein Auto zu fahren, das einem großen, schweren SUV unterlegen wäre, lässt defensiver fahren. Dadurch, dass man das Außen mehr wahrnehmen muss, ist man irgendwie auch mehr Teil des großen ganzen Verkehrsuniversums. Auch schön.