BYD Dolphin: Was das neue Dienstauto für Behörden kann
Von Horst Bauer
Ob österreichische Behörden chinesische Autos kaufen sollen, bewegt derzeit vor allem Politiker. Also jene, die kaum je damit fahren werden.
Worauf sich hingegen die künftigen Nutzer der Dienstautos einstellen müssen, sollte ein Test des BYD Dolphin (Ausstattung „Design“, Maximalleistung 150 kW) klären.
Das derzeit kleinste Modell des Herstellers für Europa ist ein gefälliger Kompaktwagen, der seine chinesische Abstammung nicht vor sich herträgt. BYD-Designchef Wolfgang Egger (früher Alfa Romeo und Audi) sei Dank.
Der positive Eindruck setzt sich im Inneren fort: Keine Design-Experimente, kein Bling-Bling, aber auch keine nüchterne Plastikwüste.
Eher als Gimmick erweist sich der drehbare Monitor in der Mitte des Instrumententrägers. Die Wahl zwischen Hoch- oder Querformat bleibt nämlich nur, sofern nicht das eigene Smartphone etwa via AndroidAuto gespiegelt wird. Denn die Google-Apps wie etwa die Navikarte lassen sich nicht im Hochformat darstellen. Mitdrehen in der Darstellung können sich nur die bordeigenen Apps. Das relativiert die Notwendigkeit einer nur für die Drehung des Monitors zuständigen Taste am Lenkrad. Dafür findet sich kein Schalter zum direkten Aktivieren der Heckscheibenheizung. Der ist erst über das Heizungsmenü im Bordcomputer anwählbar.
Bitte nicht sprechen
Sprachbefehle wären die Lösung für dieses Problem. Aber die Verständigung mit der (angeblich smarten) Stimme aus dem Off gestaltete sich im Testwagen schon bei der simplen Eingabe von Zieladressen im Navi zum Teil so kompliziert, dass der Gedanke an weitere Befehlsausgaben zwecks Schonung der Nerven verworfen wurde.
Die braucht man in der Fahrpraxis nämlich, um sich von den gut gemeinten akustischen Helfern an Bord nicht stressen zu lassen. Diese bezogen im Testwagen ihre zu Piepstönen oder gesprochenen Warnungen führenden Informationen über – meist vermeintliche – Gefahrensituationen von weitgehend desorientierten Sensoren.
Stetige Warnungen vor Bahnübergängen im Wiener Stadtverkehr (weil Straßenbahngleise geortet werden) mögen als kabarettistische Einlage durchgehen. Ungemütlich wird es jedoch, wenn die Tempolimit-Erkennung zwar daneben liegt, aber dennoch penetrant 30 km/h einfordert. Weil die Zusatztafel zur 30er-Zone nicht erkannt bzw. falsch interpretiert wird.
Spätestens wenn das System mitten im Stadtgebiet (z. B. auf der Adalbert-Stifter-Straße im 20. Bezirk) ungerührt ein Tempolimit von 120 km/h vermeldet, ist das Vertrauensverhältnis zu den elektronischen Besserwissern endgültig zerrüttet.
Erfreuliche Seiten
Abgesehen von diesen Software-Problemen hat der BYD Dolphin im Test aber auch erfreuliche Seiten gezeigt. So wurde an der Europäisierung des Fahrwerks offensichtlich stark gearbeitet. Die diesbezügliche Kritik an den ersten Versionen des technisch identen größeren Modells Atto 3 hat spürbar gefruchtet.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wurde doch die Schwammigkeit der Federung ebenso beseitigt, wie die Präzision der Lenkung verbessert. Das macht den Fronttriebler zwar noch nicht zu einem fahraktiven Renner. Aber im Normalbetrieb lässt er sich problemlos durch den Alltagsverkehr manövrieren.
Ebenfalls unter „positiv“ zu verbuchen ist das Kapitel Verbrauch. An einem Testschnitt von 16,6 kWh für 100 km bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und einem Streckenprofil mit Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn ist wenig auszusetzen. Und die bei 80 Prozent Ladestand der 60,4 kWh-Batterie vom Bordrechner versprochene Reichweite von 352 km zeigte sich als realistische Annahme.
Antrieb
E-Motor, max. Leistung 150 kW/204 PS, Frontantrieb, Lithium-Eisenphosphat-Batterie, 60 kWh Kapazität
Fahrleistungen
0–100 km/h in 7,3 Sek., Spitze 160 km/h,
Normverbrauch 15,9 kWh/100 km
Testverbrauch 16,6 kWh/100 km
Abmessungen
Länge x Breite X Höhe 4.290 x 1.770 x 1.570 mm, Leergewicht 1.658 kg, Kofferraumvolumen 345–1.310 l
Kosten
Listenpreis Dolphin Active ab 30.990 € , Dolphin Design ab 37.990 € (abzüglich E-Mobilitätsbonus)
Wer auch immer also einen BYD Dolphin als behördliches Dienstauto zugewiesen bekommen sollte, darf sich auf ein weitgehend problemloses Fahrverhalten, solide Reichweiten samt realistischer Prognosen und ausreichend Platz in Passagier- und Kofferraum freuen.
Und hoffen, dass die Lernkurve der BYD-Softwareentwickler bis dahin ähnlich steil angestiegen sein wird, wie jene ihrer Kollegen aus der Fahrwerk-Abteilung.