Pionier unter Zugzwang
Von Maria Brandl
In Europa wurde das Auto erfunden. Und Europas Autoindustrie sieht sich auch heute noch gern als weltweiter Pionier. Mit Abstrichen. Etwa bei der Abgasreduktion, da war Kalifornien eindeutig schneller. Die Smogprobleme zwangen dazu.
Europa, als Erdölimporteur besonders von der Ölkrise in den 1970er-Jahren betroffen, erfand ein neues Leitmotiv: Weltmeister im Spritsparen. Der Durchbruch des Diesel dank des TDI Ende der 1980er-Jahre, das Überangebot an billigem Heizöl, das sich sehr gut als Diesel für Pkw abbauen ließ, und die Freude der Kunden an diesem sparsamen, aber kraftvollen Motor eröffneten tolle Perspektiven und Europas Autohersteller trieben damit ihre Konkurrenz vor sich her. Im Überschwang wollte man die Welt auch mit einem neuen Normtest beglücken, der „Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“, kurz WLTP genannt. Abgasgesetze und -tests sind ja immer auch ein Wettbewerbsschutz für die eigene Industrie.
>>EU-Normtests: Es wird kompliziert
Und dann kam 2015. Das Platzen des Diesel-Skandals. Europas Glaubwürdigkeit in Sachen „Saubermann“ wurde erschüttert. Die anderen großen Autonationen wie die USA, China und Japan machten endgültig klar, den von Europa initiierten WLTP nicht übernehmen zu wollen. Auch sie schützen ihre Industrie.
Kein Wunder, dass Europas Gesetzgeber und Autohersteller nun zumindest das für 2020 ausgerufene Verbrauchsziel von 95 g/km erreichen wollen. Dafür müssen bis dahin die Autos sogar nach drei Abgastests gewertet werden.
Der Pionier steht unter großem Zugzwang.