Kindersitze: Aktuelle Tests zeigen gravierende Sicherheitsmängel
Wer den Nachwuchs im Auto befördern will, der kommt nicht darum herum: Kindersitze. Erfreulicher Weise sieht man kaum mehr Eltern, die ihre Kinder ohne einen solchen im Auto mitnehmen. Leider gibt es aus dem Bereich aber auch wirklich schlechte Nachrichten. Und zwar von den aktuellen ÖAMTC Tests.
Kaufwarnung: Diese Sitze sollte man nicht kaufen
Derzeit testen der Mobilitätsclub und seine Partnerorganisationen nämlich die aktuellen Kindersitze. Dabei wurden bei einem Modell, dem Peg Perego Viaggio Twist mit Isofix-Basis, gravierende Sicherheitsmängel festgestellt. ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl fasst zusammen: "Beim Frontalcrash-Versuch mit dem gegen die Fahrtrichtung montierten Sitz brach der Stützfuß am Gelenk von der Isofix-Basis ab. Danach löste sich die Sitzschale von der Basis und schleuderte mitsamt dem 15-kg-Dummy nach vorne, was bei einem realen Unfall zu schweren Verletzungen führen könnte." Ähnlich beim in Fahrtrichtung eingebauten Sitz: Auch hier brach beim Frontalcrash der Stützfuß. Die freiwerdenden Kräfte rissen das Kunststoff-Gehäuse der Basis auseinander und ließen den Dummy weit nach oben und vorne schleudern
Der Hersteller wurde von den Testpartnern über den Sachverhalt informiert und gefragt, welche Maßnahmen ergriffen werden, um das Problem zu lösen. Laut Peg Perego hat der Viaggio Twist im Oktober 2023 seine Zulassung erhalten und wurde seitdem nur in kleinen Stückzahlen verkauft. Aufgrund des Versagens beim Verbraucherinnenschutztest hat Peg Perego den Vertrieb des Viaggio Twist vorübergehend eingestellt. Konsumenten, die den Peg Perego Viaggio Twist + Base Twist (oder nur die Base Twist) bereits gekauft haben, sollen sich an die Verkaufsstelle oder den Servicekontakt des Herstellers wenden.
Unsicheres Produkt im Verkauf – warum ist das möglich?
Die im Rahmen der Verbraucherschutztests vom ÖAMTC und seinen Partnerorganisationen durchgeführten Frontalaufprallversuche sind von der Unfallschwere an die Euro NCAP-Crashtests angelehnt. Auf die Produkte wirken dabei deutlich höhere Kräfte als bei den gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsversuchen für Kindersitze. Die Untersuchungen der vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass viele Produkte auch bei den höheren Anforderungen des Verbraucherschutztests einen guten Schutz bieten.
Meist geht dem Kindersitz-Kauf eine längere Recherche voraus. Geht es allerdings um Zweitsitze – etwa für das Auto der Großeltern, sitzt das Geld oft bereits weniger locker und man greift auf Gebrauchtes zurück. Fünf Dinge, auf die man beim Kauf achten sollten:
Informieren: Eine Entscheidungskilfe können die ÖAMTC-Kindersitztests sein. Alle seit 2015 mit 'Sehr gut', 'Gut' und 'Befriedigend' bewerteten Sitze können noch immer bedenkenlos empfohlen werden.
Ausprobieren: Wichtig ist aber, vor dem Kauf auszuprobieren ob der Sitz überhaupt ins Auto passt: Denn nicht jeder Kindersitz lässt sich in jedem Auto auf dem gewünschten Platz sicher montieren. Auch das Kind sollte probezitzen dürfen. Nicht jedes Kind passt in jeden Sitz gleich gut.
- Zulassung checken: Seit September 2023 dürfen keine Kindersitze mit 'UN Reg. 44'-Zulassung mehr hergestellt bzw. in die EU importiert werden. Ein Abverkauf von Lagerware ist jedoch noch bis einschließlich August 2024 möglich. Ein Verwendungsverbot von Kindersitzen mit 'UN Reg. 44'-Zulassung ist nicht geplant, bereits vorhandene Sitze dürfen also weiterhin ohne Einschränkung genutzt werden.
- Bei Privatkäufen aufpassen: Wer online kauft – ob gebraucht oder neu – sollte besonders wachsam sein: "Das kann zum Glücksspiel werden. Viele unbekannte Marken werben mit vermeintlich guten User-Bewertungen um die Gunst der Online-Käuferinnen – Qualität, Herkunft, Sicherheit, Schadstoffbelastung oder EU-Zulassung können für Laien weder über Fotos noch in Echt beim gelieferten Sitz beurteilt werden. Und auch der Privat-Kauf gebrauchter Sitze birgt ein gewisses Sicherheitsrisiko", warnt ÖAMTC-Experte Steffan Kerbl. Er rät, stattdessen nach Angeboten und Auslaufmodellen im Fachhandel Ausschau zu halten.
- Sitze ausleihen: Wer Geld sparen möchte kann beim Mobilitätsclub Babyschalen leihen.