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Ganzjahresreifen im Test: Keine Kaufempfehlung für mehr als die Hälfte der Modelle

Neben den klassischen Sommer- und Winterreifen testen der ÖAMTC und seine Partner in regelmäßigen Abständen auch Ganzjahresreifen, die sich zusehends größerer Beliebtheit erfreuen. Heuer wurde mit der Dimension 205/55 R16 eine der meistverkauften Reifengrößen untersucht. "Als Allrounder müssen Ganzjahresreifen sowohl im Sommer auf 50 Grad heißem Asphalt als auch im Winter auf Schnee und Eis sowie ganzjährig auf nasser Fahrbahn gute Leistungen erbringen – eine echte Mammutaufgabe", erklärt ÖAMTC-Reifenexperte Steffan Kerbl. "Der aktuelle Test macht deutlich, dass es aber nach wie vor keinen Ganzjahresreifen gibt, der sowohl bei der Fahrsicherheit als auch bei der Umweltbilanz eine Top-Note erzielt."
 
Bereits beim Bremsen auf trockenem Asphalt zeichnete sich im Test ein spannendes Bild ab: Um von 100 km/h mittels Vollbremsung zum Stillstand zu gelangen, braucht der beste Reifen in dieser Disziplin (Michelin Cross Climate 2) 39,5 Meter – wohingegen der Schwächste (Uniroyal AllSeason Expert 2) erst 7,1 Meter später zum Stehen kommt. Als das Testfahrzeug mit dem Michelin also bereits stillstand, fuhr es mit dem Uniroyal noch mit knapp 40 km/h weiter.
 
Goodyear und Pirelli stachen positiv heraus 

Von den 16 Modellen im aktuellen Test wurden zwei (Kenda Kenetica 4S und Infinity Ecofour) mit "Nicht genügend" beurteilt. Weitere sieben Kandidaten erreichten nur ein "Genügend". "Damit kann für mehr als die Hälfte der getesteten Modelle tatsächlich keine Kaufempfehlung ausgesprochen werden", hält der ÖAMTC-Reifenexperte fest.
 
Dennoch gibt es zwei Lichtblicke zu verbuchen: Erstmals in einem ÖAMTC-Reifentest hat ein Ganzjahresreifen die Gesamtnote "Gut" erreicht – der Goodyear Vector 4Season Gen-3. Auf nassen und winterlichen Straßen erzielt er gute Ergebnisse. Auf trockener und heißer Fahrbahn zeigt er zwar geringfügige Schwächen, dennoch sichert sich der getestete Goodyear-Ganzjahresreifen aufgrund sehr guter Laufleistung, geringem Abrieb und großer Effizienz in der abschließenden Gesamtbeurteilung vier von fünf Sternen.
 
Ebenfalls positiv herausgestochen ist der Pirelli Cinturato All Season SF2 – als Einziger im Test schafft er bei der Fahrsicherheit ein "Gut": Sowohl bei sommerlichen als auch winterlichen und nassen Fahrbedingungen konnte dieser Ganzjahresreifen von Pirelli im ÖAMTC-Test überzeugen. Ein Wermutstropfen aber bleibt: Mit einer prognostizierten Laufleistung von 33.000 Kilometern bildet er das Schlusslicht im Testfeld. Für Wenigfahrer:innen ist dieser Pirelli aber jedenfalls eine gute Wahl.  
 
Neben dem Pirelli konnten fünf weitere Ganzjahresreifenmodelle mit der Gesamtnote "Befriedigend" ein immer noch solides Ergebnis einfahren: Hankook Kinergy 4S, Michelin Cross Climate 2, Kumho Solus 4S HA32+, Vredestein Quatrac und Falken EuroAll Season AS210. Diese liefern aufgrund ihrer Stärken und Schwächen zwar kein absolut ausgeglichenes Gesamtpaket, können aber jeweils zum individuellen Nutzungsprofil bestimmter Autofahrer passen.
 
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Für insgesamt neun Modelle keine Empfehlung möglich
 
Nur mehr ein „Genügend“ schaffen Firestone Multiseason2, Sava All Weather, Nankang Cross Seasons AW-6, Toyo Celsius AS2, Semperit AllSeason-Grip, Uniroyal AllSeason Expert 2, Yokohama BluEarth-4S. Die Schwächen dieser sieben Ganzjahresreifen sind bereits so ausgeprägt, dass man keine Empfehlung mehr aussprechen kann. 
Ihre Leistungen bei der Fahrsicherheit auf trockener Fahrbahn führten bei allen Modellen zu deutlichen Abwertungen, zu unpräzise erweisen sich diese Reifen bei sommerlichen Temperaturen. Bei Ausweichmanövern im Grenzbereich tendieren sie deutlich zum Übersteuern, auch eine schnelle Stabilisierung ist daraufhin nicht mehr möglich.
 
Wer bekommt das "Nicht genügend"?
 
Am Ende des Testfelds landen Kenda Kenetica 4S und Infinity Ecofour – beide Ganzjahresreifen können nur mit einem „Nicht genügend“ beurteilt werden. Der Kenda kann auf trockener und nasser Fahrbahn zwar bessere Resultate verbuchen, ist aber bei winterlichen Bedingungen schlichtweg ungenügend: Von allen getesteten Reifen hat er die geringste Traktion auf Schnee, frühes Unter- und Übersteuern fallen als Mankos besonders ins Gewicht. Der Infinity zeigt ein ähnliches Fahrverhalten auf nasser Fahrbahn – zudem erweist er sich auch auf trockener Fahrbahn als sehr unpräzise.
 
Reifen, die in einem Hauptkriterium schlechter als "Befriedigend" abschneiden, bringen auch deutliche Einbußen bei der Sicherheit mit sich – hier sollte man Vorsicht und Vernunft walten lassen. "Ein Ganzjahresreifen, mit dem man bei jedem Wetter sicher von A nach B kommen sollte, darf sich in keinem Beurteilungskriterium einen Ausrutscher leisten", hält Steffan Kerbl vom ÖAMTC fest und sagt abschließend: "Wer sich überlegt, einen Reifensatz für 365 Tage im Jahr zu kaufen, sollte sich mithilfe der Testergebnisse vorab Gedanken über sein Fahr- bzw. Nutzungsprofil machen. Denn genau davon hängt es ab, ob ein Ganzjahresreifen überhaupt infrage kommt."