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Dem Mythos Porsche 911 auf der Spur: Ausfahrt mit acht Generationen

Wie könnte der Geburtstag des 911 würdiger begangen werden als mit einer Generationen-Ausfahrt auf Teilen der historischen Porsche-Teststrecken zwischen Salzburg, Gmünd, dem Glockner und Zell am See?

Also eiste die heimische Porsche-Truppe historische 911-Pretiosen aus dem Werksmuseum in Stuttgart los und vereinte sie mit Exemplaren der aktuelleren Generationen der Sportwagen-Ikone zu einem einzigartigen Konvoi. So konnte je ein Exemplar aller acht Generationen in einer Vergleichsfahrt zeigen, welch unglaubliche Entwicklung der 911 in diesen 60 Jahren gemacht hat.

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Und dies unter eiserner Beibehaltung eines Grund-Layouts, das schon bald nach der ersten Generation nicht unbedingt mehr als ideal für ein Sportwagenkonzept angesehen wurde. Es ist schließlich kein Zufall, dass es keinen aktuellen Sportwagen mit Heckmotor mehr gibt. Und Porsche selbst keines der später neben dem 911 entwickelten Modelle mehr mit diesem Layout konstruierte.

Wie es die Porsche-Ingenieure durch die Jahrzehnte geschafft haben, dem 911 seine Seele zu belassen und ihn dennoch ständig zu verbessern, lässt sich kaum eindrucksvoller erleben als durch den direkten Umstieg von einer Generation zur nächsten. Zumal wenn diese Vergleichsfahrt auch noch auf historischen Straßen zwischen jenen Salzburger (Zell am See) und Kärntner (Gmünd) Ecken erfolgt, die ganz spezielle Porsche-Geschichte atmen.

Die Faszination 911 erfahren

Was bleibt also hängen, nach so vielen Kilometern auf idealtypischen Land- und Bergstraßen mit diesem so speziellen Porsche-Konvoi?

- Zunächst die Erkenntnis, dass die Begehrlichkeit, einen der alten 911 im privaten Fuhrpark zu haben, der Fahrpraxis standhalten muss. Die von der aktuellen Autogeneration mit all ihren elektronischen Helfern und Besserwissern eingelullten alten fahrerischen Reflexe müssen nämlich erst wieder geweckt werden. Denn wenn sich der vermeintliche Traum-Sportwagen im realen Alltagsverkehr manifestiert, will er erst einmal gebändigt werden. Das gilt vor allem für die ersten Generationen, die im Betrieb volle Zuwendung fordern.

- Sobald Fahrer und Fuhre nach den ersten Kilometern halbwegs zusammengewachsen sind, wird jeder Sprung zur nächsten Generation intensiver wahrgenommen. Was zu unerwarteten Erkenntnissen führen kann. Wie etwa der Rehabilitation der Generation 996, die um die Jahrtausendwende für ihre „Spiegeleier“-Scheinwerfer viel gescholten wurde. Gelingt es, diesen ästhetischen Aspekt beiseitezuschieben, zeigt sich das vom 3,6-Liter-Boxer mit 320 PS befeuerte 911 Carrera 4S Coupé als auch nach heutigen Maßstäben noch äußerst unangestrengt fahrbarer, alltagstauglicher 911.

- Eingedenk der seinerzeit auf nassen Straßen nur mit sehr viel Fingerspitzengefühl fahrbaren ersten Generationen des 911, kann die Leistung der Entwickler nicht hoch genug eingeschätzt werden, diesen konzeptiven Nachteil (Motor und damit volles Gewicht hinten, daher leicht aufschwimmende Vorderachse) so nachhaltig ausgebügelt zu haben. Was mit der 1988 vorgestellten dritten Generation, die den ersten Allrad-911 brachte, begann, hat sich bis zum aktuellen 992 zu einem Hochleistungs-Sportwagen entwickelt, dem sein Handicap in keinem Detail mehr anzumerken ist.

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- Die nachhaltigste Porsche-Wirkung der acht im Konvoi vertretenen 911er hinterließ eindeutig der 911 R aus dem Jahr 2016. Diese von der Motorsportabteilung des Hauses unter Verwendung von Leichtbau- und Antriebskomponenten des 911 GT3 RS und des Fahrwerks des GT3 geschaffene Variante eines optisch dezenter als die RS-Serie angelegten 911 für Puristen glänzt im Fahrbetrieb mit den Tugenden des Hauses in zugespitzter Form. Seine Agilität (500 PS treffen auf nur 1.370 kg Fahrzeuggewicht) und die Präzision von Fahrwerk und Lenkung gepaart mit einem manuell zu schaltenden 6-Gang-Getriebe machen den 911 R der Generation 991 zu einem fahrenden Testimonial dafür, welche Faszination diese ikonische Sportwagen-Reihe auszulösen imstande ist. Und dass wegen konsequenter Gewichtseinsparung unter anderem auf die Klimaanlage verzichtet wurde, fiel vor allem beim Glockner-Gipfelsturm nicht weiter störend auf.

- Seit der Premiere im Jahr 1963 sind bis Ende des Vorjahres insgesamt 1.203.735 Porsche 911 gebaut worden.

- Die erste Generation wurde von einem luftgekühlten Sechszylinder-Boxer mit 130 PS Leistung angetrieben. Die aktuelle Generation mit dem internen Kürzel 992 bringt es auf bis zu 650 PS und ist technisch für den Einsatz eines Hybrid-Antriebs vorbereitet.

- Die Anzahl der Modellvarianten ist im Laufe der 60 Jahre beständig größer geworden. Die Karosserievarianten Coupé, Cabriolet und Targa werden als  Carrera, Carrera S, Carrera T, Carrera 4 und Carrera 4S angeboten. Dazu kommen die Modelle GTS, Turbo, Turbo S, GT3, GT3 mit Touring Paket, GT3 RS und Sport Classic. Für den 992 gibt es mit dem 911 Dakar zusätzlich ein bisher nicht angebotenes Derivat.

- Die Zulassungen in Österreich haben sich von 3 Modellen im Jahr 1963 auf 360 im Vorjahr entwickelt. Heuer wurden alleine bis August bereits 457 911 zugelassen, womit 2023 ein historisches Rekordjahr wird, in dem die 500er-Marke geknackt werden könnte.

- Der Marktanteil des 911 liegt trotz inzwischen 6 Porsche-Baureihen in Österreich aktuell bei beachtlichen 39 %.

- Von den 32.787 derzeit in Österreich zugelassenen Porsche-Modellen sind alleine 14.558 aus der 911-Baureihe.

 

- Aber nicht nur die Ingenieure, auch die Marketing-Truppe von Porsche hat in den 60 Jahren 911er-Historie unglaubliches vollbracht. So wurde aus dem einsamen ersten 911 in sechs Jahrzehnten eine Angebots-Palette entwickelt, die heute unglaubliche 25 verschiedene Derivate des seit 2018 laufenden Modells mit dem internen Kürzel 992 besteht. Vom vergleichsweise schlichten Carrera bis zu den zugespitzten Varianten von GT3 & Co.

Apropos Kürzel: Dass der 911 letztlich 911 und nicht wie bei der Präsentation 1963 auf der IAA 901 genannt wurde, ist übrigens Peugeot geschuldet. Die Franzosen hatten sich damals schon die Zahlenkombinationen mit einer 0 in der Mitte für ihre Modellbezeichnung gesichert.

Was Porsche letztlich veranlasste, für die ab 1964 ausgelieferten Kundenmodelle auf die Kombination 911 zu wechseln.