Motor/motorrad

Moto Guzzi V85 TT: Auf neuen Schwingen ins Abenteuer

Moto Guzzi ist beileibe kein Newcomer im Feld der Reiseenduros: Früher als viele andere war man mit Modellen wie der Quota und zuletzt der Stelvio schon mit hochbeinigen Motorrädern präsent. Zuletzt war dieses Segment aber ein paar Jahre verwaist, ehe man sich entschied, auf völlig neuer Basis einen frischen Anfang zu wagen.

Das Ergebnis ist nun die V85 TT, wobei TT nicht für Tourist Trophy, sondern für Tutto Terreno steht, also die universelle Einsatzfähigkeit auf Schotter, Sand, Asphalt und was einem sonst noch an Fahrbahnzuständen einfällt.

Die neue technische Basis schließt einen von Grund auf frisch konstruierten, aber immer noch luftgekühlten Zweizylinder genauso ein wie einen neuen Stahl-Gitterrohrrahmen, in dem der Motor eine mittragende Aufgabe zu erfüllen hat. Beides wird in Kürze auch für andere Modelle Verwendung finden, ein zweites Familienmitglied – wohl ein Naked Bike – soll Ende des Jahres in Mailand vorgestellt werden.

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Mehr Leistung

Der neue 853-Kubik-Motor vermischt Oldschool mit Hightech. Auf der einen Seite bleibt er bei Zweiventiltechnik und Luftkühlung, auf der anderen Seite besitzt er Titan-Einlassventile und Ride-by-Wire. Letzteres ermöglicht die Adaption von drei Fahrmodi, einer abschaltbaren Traktionskontrolle und eines Tempomaten – alles serienmäßig, genauso wie die Voll-LED-Beleuchtung und das farbige 4,3-Zoll-TFT-Display, das man optional mit einem Bluetooth-Modul für Connectivity-Funktionen hochrüsten kann. Dann lässt sich neben Anruf-Management und Musik-Steuerung auch eine Basis-Navigation einrichten. Die Zieleingabe erfolgt via Moto-Guzzi-App am Smartphone, die Richtungsanzeigen werden als Piktogramme am Motorrad-Display dargestellt.

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Der Motor selbst steht deutlich besser im Futter als das gleich große Triebwerk in den V9-Modellen: Mit 80 PS und 80 Newtonmeter Drehmoment findet es Anschluss an die Adventurebikes der gehobenen Mittelklasse, dort reiht sich die V85 TT auch im Gewicht ein: 229 Kilo vollgetankt sind ein guter Wert, zumal hier 23 Liter mitgeführt werden können, ein Rekord im Segment. Gemeinsam mit Verbrauchswerten unter fünf Liter werden damit Reichweiten von über 450 Kilometer möglich.

Und noch ein Alleinstellungsmerkmal besitzt die Guzzi in dieser Preis- und Leistungsklasse: Als einzige verfügt sie über einen praktischen, wartungsfreien Kardanantrieb.

Genussmittel

Bei der ersten Ausfahrt konnte die Moto Guzzi dann Versprechungen und Erwartungen einlösen: Sie nimmt die Rolle eines überaus komfortablen, unkomplizierten Reisebegleiters ein. Die Ergonomie ist gut geglückt und für eine breite Größenklasse an Fahrerinenn und Fahrer geeignet – die Sitzhöhe beträgt moderate 830 Millimeter, damit dürfte man zwischen 1,65 und 1,90 Meter Körpergröße gut zurecht kommen.

Das Handling ist ebenso präzise und unkompliziert. Das Einlenkverhalten zeigt sich neutral und richtig leichtfüßig, nur bei Kurskorrekturen in Schräglage oder in schnellen Wechselkurven machen sich die höheren Kreiselkräfte des 19-Zoll-Vorderrads bemerkbar. Man muss um ein Alzerl kräftiger am breiten Alu-Lenker einwirken als bei Naked Bikes, der Fahrspaß bleibt davon aber unberührt.

Der Motor erklimmt indes eine neue Stufe in Sachen Geschmeidigkeit, fährt sich angenehmer als sämtliche bisherigen Guzzi-V2 dieser Hubraumklasse. Konstantfahrruckeln oder ein Verschlucken beim Gas-Zudrehen sind ihm genauso fremd wie Verzögerungen beim Gasgeben. Schon unter 3000 Umdrehungen läuft er angenehm rund, ab 4000 Umdrehungen steht dann ein üppiges Maß an Power bereit. Sehr charismatisch: der tiefe, sonore Sound beim vollen Öffnen der Drosselklappe.

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Reichhaltiges Zubehör

Bereits ab dem Start ist ein ganzes Füllhorn an Zubehörteilen verfügbar, einige davon auch gebündelt in drei abgestimmten „Packs“ für Touring, Sport und urbanes Geläuf. Darin finden sich neben den üblichen verdächtigen Teilen (Sturzbügel, Nebelscheinwerfer, Touringscheibe, Hauptständer, Titan-Schalldämpfer und in Kürze auch Heizgriffe) auch zwei verschiedene Gepäcklösungen: einmal aus Alu, einmal aus Kunststoff, beide sehr schick und funktionell.

Der Vorteil des günstigeren, von Guzzi selbst entworfenen Kunststoff-Koffersets besteht in den kompakteren Ausmaßen, die sich schlanker ans Motorrad fügen (auch dank des schmalen, ovalen Schalldämpfers). Die Gesamtbreite mit den gut bedienbaren, robusten Kunststoffkoffer beträgt lediglich 92 Zentimeter. Auch daran merkt man, dass Guzzi kein Newcomer ist – sondern ein Rückkehrer.