Traumfabrik ohne Lieferschwierigkeiten: BYD kommt nach Europa
Von Michael Andrusio
Mit der Marke BYD unternimmt der nächste chinesische Hersteller einen Anlauf, in Europa Fuß zu fassen. BYD (ausgesprochen Bi-wei-di) steht für „Build Your Dreams“ und man ist in China das neunte Jahr in Folge die erfolgreichste Elektroautomarke. Allein im ersten Halbjahr verkaufte man in China fast 640.000 elektrifizierte Autos, was im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs von 324,8 Prozent bedeutet.
Probleme mit Zulieferern sind weit weg, zumal BYD die meisten für den Elektroantrieb notwendigen Komponenten selber produziert. Allen voran Halbleiter und Akkus. BYD startete 1995 als Produzent von Lithium-Ionen-Akkus für Mobiltelefone und die gewonnenen Erkenntnisse gipfelten 2020 mit der Einführung der sogenannten Blade Batterie, ein Lithium-Eisen-Phosphat-Stromspeicher, der kompakter baut, eine höhere Energiedichte hat und zudem auch noch sicherer sein soll als Lithium-Ionen-Batterien, erklären die BYD-Entwickler. Außerdem kommt man ohne Kobalt aus und die Batterie ist je nach Einsatzzweck in der Größe skalierbar. Stolz sind die BYD-Entwickler auch auf die e-Plattform 3.0, zu der neben der Blade-Batterie auch eine 800-Volt-Architektur und ein 8-in-1 Elektroantrieb gehören, der Komponenten wie Fahrzeugsteuerung, Batteriemanagementsystem, Energieverteilungseinheit, Antriebs- motor, Motorcontroller, Getriebe, Gleichspannungswandler und Ladegerät in einem Teil zusammenfasst. Diese Integration sorgt für Effizienz und einen 89 % Wirkungsgrad.
Drei Modelle
Für den Start in Europa hat man drei elektrische Fahrzeuge für drei unterschiedliche Segmente ausgewählt. Ein großes SUV für sieben, genannt Tang, eine elegante Limousine, genannt Han, und den ganz neuen, vor allem für Europa interessanten Atto 3. Letzterer ordnet sich mit einer Länge von 4,46 Meter im boomenden C-SUV-Segment ein. Damit ist der Atto 3 etwas kürzer als ein VW ID.4.
Was kann der Atto 3? Die Kraft wird über die Vorderräder auf die Straße übertragen und der E-Motor leistet 150 kW. Die Blade-Batterie im Atto 3 kommt auf eine Kapazität von 60 kWh, das soll für eine Reichweite von 420 Kilometer (nach WLTP) sorgen. Eine Wärmepumpe ist (wie bei allen Modellen, die BYD nach Europa bringt) serienmäßig dabei, geladen wird dreiphasig. Mit AC-Anschluss kann man mit 11 kW laden, mit DC mit 88 kW.
Der Tang ist ein großes SUV (4,87 Meter Länge), das im Zuge eines Pilotprojekts schon vor einem Jahr in Norwegen eingeführt wurde. Das Elektro-SUV bietet Platz für sieben, ist luxuriös ausgestattet (Sitzheizung und -kühlung für die Ledersitze) und fährt mit zwei Motoren mit Allrad. Der Antrieb leistet 380 kW und die Batterie hat eine Kapazität von 86 kWh. Reichweite: rund 400 Kilometer. An einem DC-Lader kann der Tang mit bis zu 110 kW laden. Für die Entwicklung der Bremsen haben sich die Chinesen übrigens renommierte Firmen wie Bosch und Brembo an Bord geholt und das SUV braucht nur 36 Meter, um von 100 km/h bis zum Stillstand zu verzögern.
Drittes Auto ist eine elegante Limousine mit coupéhafter Linienführung, der Han. Der ist technisch mit dem Tang verwandt, fährt mit Allrad und einer Leistung von 380 kW. Der Han kommt rund 520 Kilometer weit und lädt mit bis zu 120 kW (DC). Und die Chinesen sind so stolz auf die Beschleunigung von 3,9 Sekunden auf 100 km/h, dass sie sie gleich rechts hinten am Autoheck d’draufschreiben.
Österreich-Pläne
Die Preise will BYD anlässlich der Pariser Autoshow im Oktober verraten. Der Fahrplan sieht so aus, dass einige Märkte (wie Skandinavien oder die Beneluxstaaten) in einer ersten Phase versorgt werden. Gegenwärtig ist man für Österreich in Verhandlungen mit einem Importeur, jedenfalls will man auch bei uns noch vor Jahresende starten, wie uns der für Europa zuständige Verkaufsmanager versichert.