Elektromobilität: Inseln der Zukunft
Von Andrea Hlinka
Von der angekündigten Revolution der Mobilität, hin zur Klimaneutralität, ist im Alltag noch nicht viel zu merken. Jedenfalls nicht flächendeckend. Aber es gibt sie, einzelne Leuchtturm-Regionen, in denen der Wandel, der in der restlichen Welt noch viele Jahre dauern wird, schon bald Wirklichkeit sein könnte.
Griechische Strom-Insel
Eine dieser Modellregionen ist die rund 97 Quadratkilometer große Insel Astypalea in der griechischen Ägäis. 1300 Einwohner leben dort, nur 70 Kilometer der Straßen sind befestigt. Auf ihnen tummeln sich zwei Linienbusse und rund 1500 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.
Geht es nach den Plänen des größten Autobauers der Welt (dem Volkswagen-Konzern) und der griechischen Regierung, wird die beschauliche Insel in den nächsten Jahren zum Testlabor. „Wir verbessern das Leben der Menschen auf der Insel und wollen zeigen, wie die Welt in ein paar Jahren aussehen wird“, sagte Kostas Fragogiannis, der stellvertretende Außenminister Griechenlands welt.de. Die Größe der Insel sei perfekt, um ein klimaneutrales System aufzubauen. Auch VW-CEO Herbert Diess schwärmt für das Projekt: „Unser langfristiges Ziel ist eine klimaneutrale Mobilität für alle. Und mit dem Astypalea-Projekt werden wir herausfinden, wie diese Vision schon heute erreicht werden kann.“
Die Abmachung, die Fragogiannis und Diess kürzlich unterzeichnet haben, sieht konkret vor: Die 1.500 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren sollen von 1.000 Elektrofahrzeugen ersetzt werden. Um den Umstieg für die Bewohner attraktiv zu machen, wird der Kauf eines Elektroautos auf der Insel mit 12.000 Euro subventioniert. Zudem bietet VW seine Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis an.
Auch Nutzfahrzeuge und Behördenfahrzeuge wie Polizeiautos und Krankenwagen sollen elektrifiziert und die zwei Linienbusse der Insel durch mehrere kleine Shuttlebusse, die auf Abruf fahren, ersetzt werden. Abgerundet wird das Angebot durch drei Car-Sharing-Stationen, 67 E-Bikes und rund 100 E-Motorräder. Gebucht werden können die unterschiedlichen Verkehrsmittel mit einer App. Mobility as a Service nennt sich dieser Trend, der sich aus Finnland seinen Weg in die Welt bahnt
Der Energiebedarf der Insel wird durch die Umstellung um 15 Prozent ansteigen. Gespeist werden soll er aus Wind- und Solarenergieanlagen. Um die Ladeinfrastruktur kümmert sich Volkswagen. Laut welt.de investiert der deutsche Autobauer zunächst drei Millionen Euro in dieses Projekt, langfristig sollen es zehn Millionen Euro werden.
Japanische Traumstadt
In einem kleineren Maßstab, jedoch wesentlich umfassender, arbeitet der japanische Autohersteller Toyota an der Stadt der Zukunft. „Woven City“ heißt das Projekt, das Toyota-Präsident Akio Toyoda auf der CES in Las Vegas Anfang des Jahres mit folgenden Worten augenzwinkernd vorstellte: „Vielleicht halten mich viele jetzt für übergeschnappt oder für eine japanische Ausgabe von Willy Wonka.“ Auf einer Fläche von rund 175 Hektar, dort wo zuvor ein Toyota-Werk stand, soll ab 2021 seine nachhaltige und emissionsfreie Traumstadt Realität werden. Das Projekt, das von dem dänischen Star-Architekten Bjarke Ingels geplant wird, soll von rund 2.000 Menschen bewohnt werden, unter ihnen Mitarbeiter von Toyota und Wissenschaftler.
Drei Straßentypen werden sich durch die Zukunfts-Stadt ziehen: Die erste Straßenart ist für schnellere autonom fahrende Fahrzeuge zum Personentransport und für Zustelldienste vorgesehen. Auf einer weiteren Spur tummeln sich Radfahrer, Scooter und Fußgänger. Der dritte Straßentyp ist ausschließlich für Fußgänger konzipiert. Waren werden unter der Erde transportiert, wo auch die Energie für die Stadt gewonnen wird. Die Wohnhäuser haben zwar Solaranlagen auf den Dächern, die meiste Energie liefern aber Brennstoffzellen, die aus Wasserstoff Strom erzeugen.
Toyota geht in seinem Pilot-Projekt deutlich weiter als Volkswagen und gestaltet auch die privaten Lebensbereiche intensiv mit. Die Wohnungen sind als sogenannte Smart Homes konzipiert, Roboter unterstützen im Alltag, sie liefern Essen und bringen den Müll weg. Zudem werden die Bewohner laufend medizinisch überwacht.