Der günstige Kleinwagen als Euro-7-Opfer
Von Horst Bauer
Viel Zeit ist nicht mehr. Und dennoch ist niemandem in der Autoindustrie derzeit klar, was genau die EU-Gesetzgebung verlangen wird.
In knapp mehr als 2 Jahren soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission die weiter verschärfte Abgasnorm Euro 7 eingeführt werden. Die neuen Regeln erfüllen müssen zunächst Pkw und Kleinlieferwagen, die ab dem 1. Juli 2025 in Europa neu zugelassen werden. Zwei Jahre später sind auch Lkw und Busse davon betroffen.
Bis heute ist aber nicht definiert, ob der von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf in dieser Form Gesetz wird, oder ob es auf dem Weg durch die Instanzen - EU-Ministerrat und das Europaparlament müssen auch zustimmen – noch zu Änderungen kommt.
Fest steht nur, dass es bei einem unveränderten Durchwinken der Euro-7-Norm in der aktuell bekannten Form zu einer Ausdünnung des Pkw-Angebots für die Kunden kommen wird. Und wegfallen werden nicht die Luxus-Autos und großen SUV, sondern die Kleinwagen. Die in dieser Woche Wellen schlagenden Aussagen von Skoda-Vertriebschef Martin Jahn über die Einstellung der Modellreihen Fabia, Scala und Kamiq als Konsequenz einer Euro-7-Einführung, sind nur ein weiteres Zeichen dafür, dass der leistbare Kleinwagen ein Auslaufmodell ist.
Das ist der gemeinsame Nenner aus persönlichen Gesprächen mit Managern verschiedener europäischer Hersteller in den vergangenen Monaten. Dort erntet man durchwegs Reaktionen von Kopfschütteln bis Fassungslosigkeit, wenn das Thema Euro 7 auf den Tisch kommt. Warum die Autoindustrie von der EU-Gesetzgebung in massive technische Entwicklungsanstrengungen für Autos gedrängt werden soll, die nur 10 Jahre später verboten werden sollen, erschließt sich dort niemandem.
Bei Kleinwagen sind die enormen Investitionen dafür in dieser kurzen Laufzeit wirtschaftlich nicht darstellbar. Daher werden die Einstiegsmodelle ins Marken-Portfolio eben wohl oder übel aus dem Programm gekippt. Wobei es hier ohnehin nicht mehr um die bereits ohne Nachfolger ausgelaufenen Modelle von der Größe eines VW Up oder Opel Karl geht. Jetzt liegt die Latte bereits auf der Höhe des VW Polo oder Opel Corsa.
Sollte also die Euro-7-Norm tatsächlich in der derzeit vorliegenden Form beschlossen werden, wird es nicht nur zeitlich knapp für die notwendigen technischen Entwicklungen, um die Vorgaben selbst bei größeren Modellen erfüllen zu können. Auch das von der EU-Kommission angestrebte Ergebnis – weniger Schadstoffe und gesundheitliche Vorteile – dürfte in der Praxis auf der Strecke bleiben.
Statt sich ein neues, größeres und teureres Euro-7-Modell zu kaufen, werden viele wohl notgedrungen bei ihrem alten Kleinwagen bleiben. Mit entsprechenden Folgen für die europäische Autoindustrie und die Überalterung des Fuhrparks.