Wie die Hersteller ihre Auto-des-Jahres-Kandidaten präsentieren
Von Horst Bauer
Dass jeder Greissler seine Ware lobt, gilt hier ganz besonders. Auch wenn die Greisslereien durchwegs Weltkonzerne sind.
Ort des Geschehens ist ein von der Öffentlichkeit abgeschirmtes Testgelände in der Nähe des Pariser Flughafens Charles de Gaulle. Hier kommen einmal im Jahr die Mitglieder der internationalen Fachjury zusammen, deren Wertung darüber entscheidet, welches neue Automodell mit dem begehrten Titel „Car of The Year“ ausgezeichnet wird.
Bevor es zu intensiven Testfahrten jener sieben Modelle kommt, die sich in einer ersten Abstimmungsrunde den Finalisten-Status erkämpft haben, wird den Vertreten der einzelnen Hersteller die Möglichkeit gegeben, in einer kurzen Präsentation vor den Juroren zusammenzufassen, warum ihrer Meinung nach gerade ihr Kandidat das Zeug zum Sieger hat.
Dabei werden meist nicht nur die Qualitäten des eigenen Produkts herausgearbeitet. Gerne wird auch in Vergleichstabellen auf die Konkurrenten eingegangen. Naturgemäß nur in jenen Bereichen, in denen das eigene Produkt vorne liegt.
Wie man als Vertreter eines in so einer Vergleichsdarstellung unterlegenen Modells elegant darauf reagiert, zeigte heuer Renault-Boss Fabrice Cambolive vor.
In dem innerfranzösischen Duell zwischen den Elektroautos Peugeot E-3008 und Renault Scenic E-Tech hatte Peugeot-Chefin Linda Jackson vorgelegt. Sie zeigte stolz ein Chart mit einem Reichweitenvergleich für eine Fahrt von Paris nach Marseille, in dem das eigene Modell aufgrund der großen Batterie mit weniger Ladestopps ausgekommen war als Vergleichsmodelle wie der Renault Scenic.
Cambolive, der nach Jackson eingeteilt war, eröffnete seine Präsentation mit der Kernbotschaft, man habe beim Scenic hinsichtlich der Batteriegröße bewusst nicht über das Ziel hinausgeschossen, um das Auto nicht schwerer als notwendig zu machen. Ohne Peugeot zu erwähnen, spielte er damit auf das durch die aktuellen Entwicklungen in Paris ins Schussfeld der Kritik geratene Gewicht des elektrischen 3008 von rund 2,1 Tonnen an. Der damit die von der Stadtverwaltung nach einer umstrittenen Umfrage zu erhöhten Parkgebühren für SUV festgelegte Grenze von 2 Tonnen überschreitet, über der empfindlich höhere Gebühren fällig werden.
Mit seinem Basisgewicht von nur rund 1,7 Tonnen kann der Renault Scenic E-Tech in Paris auch in Hinkunft zu den üblichen Preisen geparkt werden. Was Cambolive zwar nicht extra erwähnte. Die Botschaft ist aber trotzdem angekommen.
Ein spezielles Kapitel stellte auch die Präsentation des schwedisch-chinesischen Elektroautos Volvo EX30 dar. Volvo, inzwischen Teil des Geely-Konzerns, hat sich ja über die vergangenen Jahrzehnte das Image des großen Sicherheits-Apostels erarbeitet. Was allerdings mit einigen zentralen Details des kompakten Elektro-SUV nicht so recht zusammenpassen will. Vor allem die Entscheidung, alle fahrrelevanten Anzeigen nicht wie üblich im unmittelbaren Sichtfeld der Fahrenden zu platzieren, sondern auf dem zentralen Monitor in der Mitte des Armaturenträgers, sorgte für kritische Fragen von mehreren Juroren. Dass sogar für die Überprüfung der gefahrenen Geschwindigkeit der Blick von der Straße abgewendet werden muss, versuchte der Präsentator noch schönzureden („Ein kurzer Blick genügt“).
Erst die Antwort auf die Frage, warum auch kein Head-up-Display zu bekommen ist, ließ tiefer blicken. Um Kosten zu sparen, wurden nämlich die üblicherweise in den Seitentüren untergebrachten Lautsprecherboxen direkt im Armaturenträger verbaut. Wodurch dort kein Platz für die Technik-Komponenten zur Einspiegelung wichtiger Informationen in die Frontscheibe geblieben ist.
Was in der Folge in der Jury den für die schwedischen Sicherheits-Experten wenig schmeichelhaften Spruch zirkulieren ließ: „Volvo: Sound beats Safety.“