Motor

Antriebe: Die Technologievielfalt wird zunehmen – die Kosten auch

Noch ist der E-Anteil unter den verkauften Fahrzeugen europa- wie weltweit gering, doch der Trend geht Richtung abgasfreies Fahren. Dazu haben sich die unterzeichnenden Staaten des Pariser Klimaabkommens verpflichtet.

Vielfalt Für Autohersteller heißt dies, dass „die Technologievielfalt zunimmt“, so Jürgen Königstedt von Audi auf der Tagung „Der Arbeitsprozess des Verbrennungsmotors“ in Graz. Das Programm spiegelte die Vielfalt wieder: Neben Verbrennungsmotoren waren auch Brennstoffzellen- und elektrifizierte Antriebe Schwerpunkte.

Einig waren sich die Antriebs- und Energieexperten, dass der Verbrennungsmotor weiterhin Verbesserungspotenzial hat, dass er auch weiterhin gebraucht werden wird und somit weiterentwickelt werden muss.

Daran ändern auch anderslautende Ankündigungen diverser Autohersteller nichts. So verlautbarte Volvo bereits 2017 das Ende des Dieselmotors ab 2023. Jedoch zeigte Volvo vor Kurzem einen neuen Diesel-48-V-Mild-Hybrid. Ende 2018 verkündete VW das Ende des Verbrennungsmotors generell, die letzte Plattform damit soll 2026 in Produktion gehen. Diesen Herbst gab Daimler bekannt, sich vorerst auf die Elektrifizierung der Antriebe zu konzentrieren und bei der Entwicklung neuer Benziner und Diesel eine Pause einzulegen.

So lange es Benziner und Diesel gibt, müssen sie jedoch laufend verbessert werden, bei Wirkungsgrad (Verbrauch) wie Abgasen. Das erzwingen die EU-Gesetze auf dem Gebiet.

Das große Vorbild im Straßenverkehr sind hier Lkw. Sie erreichen schon heute mit dem Dieselmotor Wirkungsgrade von 45 %, Stefan Pischinger von der RWTH Aachen zeigte in Graz Maßnahmen, mit denen künftig sogar 54,4 % möglich sind, ganz ohne Elektrifizierung, mit synthetischen Kraftstoffen.

Synthetischer Sprit

Soll dieser CO2-neutral sein, muss er mit Ökostrom und aus der Abluft abgespaltenem (z.B. von Zementwerken) erzeugt werden. Das ist nicht billig. Synthetisches Methangas kostet heute laut Diego Delneri, Wärtsilä Marine Power Solution, netto drei Mal so viel wie Erdgas.

Allein schon wegen der aufwendigen Herstellung und der hohen Kosten sei es unumgänglich, damit sparsam umzugehen, forderte Königstedt von Audi.

Eine Möglichkeit, den Verbrauch zu senken, ist der Ansatz, die aktuelle Motorleistung um ein Drittel zu kürzen, das würde auch die Fahrzeuge wieder leichter machen, da Bremsen etc. so sparsamer dimensioniert werden können. Für schwere SUV mit einer Motorleistung ab 100 kW pro Liter Hubraum könnte dagegen die aufwendige Wassereinspritzung nötig werden, um künftige Abgasgesetze zu erfüllen.

Biosprit

Dieser kann CO2-neutral sein. Wegen geringerer Energiedichte steigt aber der Verbrauch um bis zu 50 % gegenüber einem vergleichbaren Benziner, zeigte Otto Böpple von Opel, der die Praxistauglichkeit von Ethanol in Brasilien untersuchte. Gegen einen weltweiten Durchbruch spricht neben dem Flächenbedarf für die Grundstoffe von Ethanol auch die geringe Kaltstartfähigkeit. Selbst bei E20 (80 % Benzin, 20 % Ethanol) liegt die Grenze, so Böpple, bei –15 Grad C.

Pischinger rechnet damit, dass bis 2030 alternative Kraftstoffe keine dominante Rolle spielen werden. Aber die Industrie müsse trotzdem jetzt mit der Markteinführung beginnen, ähnlich wie dies mit batterieelektrischen Autos erfolge, obwohl der Strom dafür in der EU mehrheitlich noch nicht „öko“ ist.

Elektrifizierung

Sie ist ein anderer Weg, Abgas- und CO2-Ausstoß zu senken. Audi etwa will bis 2021 für alle Modelle eine milde Hybridisierung mit 48 Volt anbieten. Bis 2025 soll ein Drittel der Audi-Modelle vollelektrisch fahren, vor allem batterieelektrisch. Danach will Audi den Anteil des Brennstoffzellenantriebs ausbauen. Bei entsprechender Verbreitung könnte er die Plug-in-Hybride ersetzen.

Da auch eine milde Hybridisierung Geld kostet, wird auf anderer Seite gespart. Spritspartechnologien, die wie die milde Hybridisierung vor allem im unteren Teillastbereich den Verbrauch senken, sollen künftig bei Audi wegfallen, dazu gehören etwa die variable Verdichtung oder das Schichtbrennverfahren.

Die immer strengeren Abgaslimits dagegen sind laut Audi nur zu erfüllen, wenn bei Benzinern die Anfettung weitgehend vermieden wird und die Abgasnachbehandlungssysteme möglichst motornah verbaut sind, um schnell auf Betriebstemperatur zu sein.

Das war etwa mit ein Grund für die Entwicklung des neuen Top-V6-TDI, der statt eines Biturbos einen Monoturbo hat, dafür aber einen zusätzlichen elektrischen Verdichter.

Kunden

Bleibt noch die eine große Frage, so Stefan Pischinger: Wie kriegt man Kunden dazu, neue Technologien zu kaufen? Die Kosten der Antriebskonzepte mit unterschiedlichen Kraftstoffen werden langfristig keine große Entscheidungshilfe sein: Laut Audi werden sie sich punkto Gesamtkosten für den Kunden bis 2045 einander annähern.

Mit CO2-neutralem Sprit hat auch der Verbrennungsmotor weiter Zukunft, so Eichlseder, TU Graz: Er ist robust, langlebig, bewährt und braucht keine superreinen Kraftstoffe – da ist er gegenüber Batterie und Brennstoffzelle im Vorteil. Sogar für die Kombination von Wasserstoff und Verbrennungsmotor gebe es Chancen, etwa für Schiffe.

Zum 17. Mal fand Ende September in Graz wieder die Tagung „Der Arbeitsprozess des Verbrennungsmotors. Nachhaltigkeit in Mobilität, Transport und Energieerzeugung“ mit rund 300 Teilnehmern statt. Organisiert wurde sie von den Professoren Helmut Eichlseder und Andreas Wimmer von der TU Graz.