Motor

Altauto-Verwertung: „Das ist kein Kavaliersdelikt“

Das Bild hat sich gewandelt. Gab es früher 2000 „Teileverwerter“ (Schrotthändler), wo Altautos lagerten und verwertet wurden, so sind es heute nur mehr 200, so Walter Kletzmayr von der ARGE-Shredder GmbH.

Stark gesunken ist jedoch auch die Zahl der Altautos, die zu den Entsorgern gebracht werden, nämlich auf rund 62.000 Stück, so Kletzmayr. Damit hat sie sich gegenüber 2002 mehr als halbiert. Seit damals gilt das Altfahrzeug-Gesetz, das Hersteller und Importeure verpflichtet, alle Altfahrzeuge ihrer Marke kostenlos zurückzunehmen. Dennoch „verschwinden“ zwei von drei, knapp 200.000 Altautos, derzeit pro Jahr.

Dem Staat entgehen damit jedes Jahr Altmetalle in der Höhe mehrerer Mio. Euro, so Hans Roth, Gründer und Chef des Entsorgerspezialisten „Saubermacher“ sowie Präsident des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe. Im Motor-KURIER-Gespräch erzählt er, womit dies zusammenhängt, warum dies illegal ist und was damit an CO2-Einsparung und Rohstoffen verloren geht.

Hans Roth darüber, ...

… warum so wenige Altautos fachgerecht entsorgt werden: Viele Autobesitzer wissen gar nicht, dass ein Auto, das kein Pickerl mehr bekommt, Abfall ist und damit nicht ohne Genehmigung durch das Umweltministerium exportiert werden darf.

… warum es auch insgesamt nicht sinnvoll ist, ein Auto ohne Pickerl etwa in Schwellenländer zu exportieren: Es geht nicht nur um den wirtschaftlichen Verlust wegen der verloren gegangenen Rohstoffe für Österreich, sondern auch um den ökologischen Faktor. Wenn das Altauto in eine arme Region verkauft wird, wird es dort höchstwahrscheinlich nicht nach unseren Maßstäben ordnungsgemäß wiederaufbereitet, sondern am Ende in der Natur entsorgt. Bei entsprechender Entsorgung können dagegen je Pkw rund 215 kg Wertstoffe wie Stahl, Aluminium, Messing und Kupfer wiederverwertet werden.

… ab wann sich Recycling in Österreich rechnet: Wir als Abfallentsorger sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Abfall und somit auch Altautos zu rezyklieren. Unabhängig davon, wie wertvoll die Rohstoffe gerade sind. Der Kunde zahlt schon beim Kauf des Autos für die Entsorgung mit. Jeder Autohändler muss ein Altauto kostenlos für den Kunden zurücknehmen. Letzterer hat anderseits keinen Anspruch darauf, für ein altes Auto ohne Pickerl 400 Euro zu kriegen.

… wovon der Schrottpreis abhängt: Der Ölpreis bestimmt den Schrottpreis. Derzeit ist dieser so niedrig, dass die Autohändler dazuzahlen müssen, damit die Autos ordnungsgemäß entsorgt werden. Als die Schrottpreise sehr hoch waren, gab es dagegen freiwillige Zuzahlungen der Schrotthändler an die Autohändler oder Kunden.

… ob Österreicher sicher sein können, dass ihre Altautos beim Abfallentsorger fachgerecht wiederaufbereitet und nicht wie oft Plastikmüll in ferne Länder verschifft wird, wo sie ins Meer gekippt werden oder ganze Dörfer vergiften: Bei Kunststoff schreibt das heimische Gesetz nur vor, dass er von uns gesammelt, sortiert und einer Verwertung zugeführt werden muss, nicht aber, ob der Alt-Kunststoff für neues Material zu verwenden ist oder exportiert werden darf. Der Export war der leichtere Weg. Bei Altautos ist das anders. Sie werden in österreichischen Betrieben rezykliert. Die Wiederverwertungsrate bei Metallen ist sehr hoch (ca. 98 %), auch insgesamt liegt sie inklusive thermischer Verwertung bei 98 %. Der unverwertbare Rest von rund 2 % wird deponiert.

… ob die Autoindustrie mehr mit den Entsorgern zusammenarbeiten sollte, damit vor allem Kunststoffe besser recycelt werden können: Auf jeden Fall. Wir haben etwa einem großen Autozulieferer aus Graz, der vorher für Armaturenbretter Kunststoff verwendete, der nur verbrannt werden konnte, den Umstieg auf einen anderen Kunststoff vorgeschlagen, der wiederverwendet werden kann. Das hat dort geholfen, die Recyclingquote bei Produktionsabfall von 75 auf mehr als 90 % zu erhöhen.

… wie Österreichs Recyclingbranche im internationalen Vergleich liegt: Österreich hat wie Deutschland und Skandinavien sehr früh Umweltgesetze eingeführt. Den großen Aufschwung brachte das Deponiegesetz ab 2004, das das Deponieren unbehandelter Siedlungsabfälle verbietet. Das macht Recycling unabdingbar. Abfall ist Rohstoff an der falschen Stelle. So ein Deponiegesetz sollte in ganz Europa eingeführt werden. Derzeit ist dies in 18 von 28 EU-Staaten nicht der Fall. Durch eine funktionierende Kreislaufwirtschaft könnten laut EU bis 2035 600 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente eingespart und zugleich 170.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Hans Roth wurde 1946 geboren und ist ausgebildeter Handelskaufmann. Er begann 1968 im elterlichen Baustoff- und Kohlehandel in Gnas in der Ost-steiermark. Bereits 1979 erkannte er die künftige Bedeutung der nachhaltigen Abfallwirtschaft und gründete mit seiner Frau Margarete die Firma „Roth Umweltschutz GmbH“, heute „Saubermacher“, deren Aufsichtsratsvorsitzender und Eigentümer Roth heute noch ist. Der Visionär, der früh in den Osten expandierte, wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem als  „Unternehmer des Jahres“ und „Österreicher des Jahres“. Er hat drei Söhne.