Meinung

Wie man seinen Ruf aufs Spiel setzt

Man muss schon ziemlich tollkühn sein, um einen Fuß in die Politik zu setzen.

Dr. Martina Salomon
über das politische Glatteis

Egal, wie man zu Irmgard Griss steht: Die Kandidatur der ehemaligen Höchstrichterin ist schon jetzt ein Lehrbeispiel dafür, warum immer weniger Menschen Lust haben, in die Politik zu wechseln. Ab jetzt ist sie quasi vogelfrei und wird mit Gehässigkeit und teils auch Frauenfeindlichkeit betrachtet. In einer Zeitung wurde ihr sogar der Titel "noble Wut-Oma" verliehen. Plötzlich ist alles ein Thema: ihre Stimme, ihr (ungeschminktes) Styling, ihr Zug zur Macht, ihre Freundschaften.

Der momentan wundeste Punkt ist die Vernichtung von Gesprächsprotokollen der Hypo-Kommission nach getaner Arbeit. Aber hätten ihre Interviewpartner auch so offen geredet, wenn klar gewesen wäre, dass diese Aufzeichnungen "für die Ewigkeit" sind?

Natürlich soll niemand sakrosankt sein. Aber es verdient allemal mehr Respekt, sich einer Wahl zu stellen, als am Stammtisch alles besser zu wissen. In der Politik herrscht leider das Gegenteil von Vorschusslorbeeren: Hier gilt Generalverdacht. Man muss schon ziemlich tollkühn – und in jeder Hinsicht makellos - sein, um einen Fuß in dieses Metier zu setzen. Abgesehen davon sollte man tunlichst finanziell unabhängig (wie Finanzminister Schelling) und am besten in Pension (wie Griss) sein. Denn wer nach Ende der politischen Karriere noch einen Job braucht, gilt schnell als Versorgungsfall. Es verwundert daher nicht, dass es in der Volksvertretung von Beamten und Funktionären nur so wimmelt.

Wenn sich nun um die Hofburg jemand bewirbt, der weder Berufspolitiker noch Diplomat ist, ist das sehr ungewöhnlich. Es gibt sehr gute Argumente für Polit-Profis, aber auch einige für einen unbelasteten Quereinsteiger. Lasst es uns doch einfach vorurteilsfrei anschauen.