Meinung

Wie die Fridays-Bewegung zerbricht

Was für eine sensationelle Bewegung war das, als 2019 Hunderttausende auf allen sieben Kontinenten für Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft demonstrierten. Greta Thunberg hatte 2018 begonnen, mit ihrem Schild „Schulstreik für das Klima“ ganz alleine vor dem schwedischen Parlament zu demonstrieren. Daraus ist mit „Fridays for Future“ eine riesige, internationale und vor allem friedliche Bewegung für den Klimaschutz entstanden. Thunbergs Reden auf den großen Podien der Welt, vom Klimagipfel über das EU-Parlament bis zum Weltwirtschaftsgipfel, wurden gehört, nicht zuletzt, weil Thunberg die Wut ihrer Generation über das internationale Versagen beim Klimaschutz glaubhaft vermittelte. Selbst der Green Deal der EU wäre ohne Fridays wohl nicht möglich geworden.

Jetzt aber spaltet der Nahostkonflikt diese Klimaschutzbewegung. Grund sind Beiträge auf den internationalen Kanälen der Klimaaktivisten in den sozialen Medien, die den Terror der Hamas verharmlosen. Die Aussagen stehen nicht einfach nur in der Kritik, israel- und judenfeindliche Ressentiments zu schüren, vielmehr muss klar gesagt werden, dass die Beiträge israel- und judenfeindlich sind. Konkret hieß es dort unter anderem, „westliche Medien“ würden eine „Gehirnwäsche“ betreiben, um Menschen auf die Seite Israels zu bringen. Außerdem ist von einem „Apartheid-System“ die Rede. Dann heißt es: „Dies ist kein Konflikt. Dies ist ein Genozid.“ Thunberg selbst ließ sich mit einem Schild fotografieren („Stand with Gaza“), neben ihr eine blaue Stoff-Krake – was wieder als antisemitisches Symbol verstanden werden kann. Kraken wurden in antisemitischen Karikaturen des frühen 20. Jahrhunderts verwendet, um den jüdischen Einfluss in allen Teilen der Gesellschaft zu implizieren. Thunberg entfernte das Bild, entschuldigte sich und sagte, dass sie sich der Symbolik nicht bewusst gewesen sei.

Mittlerweile sind die antisemitischen und antiisraelischen Beiträge der internationalen Fridays-Accounts wieder gelöscht, eine Entschuldigung blieb aus. Die Spaltung der Klimabewegung ist aber vollzogen. Landesgruppen wie jene aus Deutschland oder Österreich haben sich nach einigen Tagen klar gegen die Positionierung und den Antisemitismus der internationalen Fridays gestellt. Klimaschützerin Luisa Neubauer zeigte sich entsetzt, wie bei den Fridays jüdisches Leid negiert werde und es offensichtlich sei, „dass gerade einiges zerbricht“.

Es ist kaum vorstellbar, wie die Fridays je wieder aus diesem Eck rauskommen sollen. Dem Anliegen haben sie jedenfalls maximal geschadet. Über ihre Ansicht zum Nahost-Konflikt wird nun (zu Recht) geredet. Über das neuerlich wärmste Jahr der Messgeschichte oder die 3.000 Milliarden Euro, die Banken weltweit seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 in neue Fossilindustrien investiert haben, leider nicht.