Wer kämpft für ein Verbot der wahren Gesundheits-Killer?
Von Martina Salomon
Nach Glyphosat wird garantiert die nächste (postfaktische) Sau durchs Dorf gejagt.
über NGO-Feldzüge.
Die SPÖ Kärnten schaltet die Staatsanwaltschaft gegen den "Gifthersteller Monsanto" (O-Ton des Landesgeschäftsführers) ein. Hirn einschalten statt populistischer Robin-Hood-Aktion wäre aber besser. Wer sich ernsthaft um die Gesundheit der Österreicher sorgt, müsste nämlich eher den Konsum von Zigaretten, Alkohol und zuckerhaltigen Limonaden verbieten. Die stehen nicht nur im Verdacht, Krankheiten auszulösen, sie tun es einwandfrei: von Krebs bis Adipositas. Und während kein einziger Todesfall durch das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in Österreich festgestellt wurde, sind allein heuer bis Ende September 315 Menschen bei Verkehrsunfällen gestorben. Weg mit allen Autos? In die Kategorie des Gefährdungspotenzials von Glyphosat fallen auch Kaminfeuer, Wurst, Grillfleisch (wenn es angekohlt ist) und – ganz böse – Grammeln! Verkaufs-Stopp?
Feldzug gegen Konzerne
Aber im Ernst: In einer technik-, chemie- und industriefeindlichen Gesellschaft wie der deutschen und österreichischen kommt es gut an, gegen "Konzerne" zu kämpfen. Noch dazu, wenn es ein so weltbeherrschender wie Monsanto ist, der mit dem Zusammenschluss von Bayer noch weiter wachsen wird. Diese Konzentration löst zu Recht Unbehagen aus. Der Kampf gegen Glyphosat ist somit ein Stellvertreterkrieg der grünen Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace und Global 2000. Aber sobald sie ihn gewonnen haben, werden sie unter Garantie die nächste (postfaktische) Sau durchs Dorf jagen. Weil Daueraufgeregtheit das Geschäftsmodell der auf Spenden basierenden NGOs ist. Nach dem "Bienenkiller" Neonicotinoide war es das (in Europa gar nie drohende) Chlorhuhn im Kampf gegen TTIP. Jetzt also Glyphosat. Dabei wäre ein Kampf für das Tabakverbot in der Gastronomie (das den Blauen ein Dorn im Auge ist) und gegen Shisha-Shops deutlich wichtiger.
Das Ende von Glyphosat würde Monsanto sogar nutzen. Weil der Patentschutz für das seit den Siebzigerjahren verwendete Mittel abgelaufen ist, hat der Konzern sicher schon teureres Neues in der Pipeline. Die NGOs spielen Monsanto somit sogar in die Hände.
Mehrkosten für Bauern
Ja, das Breitband-Herbizid kann beim Anwender, also dem Bauern, der sich zu wenig schützt, vielleicht Krebs auslösen. In den USA wird pro Hektar übrigens ein Vielfaches eingesetzt, weil dort im Gegensatz zu Europa gentechnisch veränderte, herbizidresistente Pflanzen angebaut werden dürfen.
Die Landwirtschaftsminister von 18 EU-Ländern haben gerade für eine Zulassung für weitere fünf Jahre gestimmt. Für die Bauern ist es praktisch, weil sie sich das (mehrmalige) Umpflügen, das für bodennahe Kleinlebewesen übrigens auch letal sein kann, ersparen. Auf den durch ein Glyphosat-Verbot verursachten Mehrkosten werden sie sitzen bleiben. Denn der Handel wird dem Konsumenten keine noch höheren Lebensmittelpreise zumuten.
Kärnten spielt nun also David gegen Goliath. Lieb. Damit kann man von den Tollheiten der Landespolitik ablenken, die fast in den Bankrott führten. Auch der (Noch-)Kanzler Christian Kern und die niederösterreichische SPÖ springen auf den Zug auf. Aber, pst, Unkraut kann auch ganz schön giftig sein. Einst starb man massenhaft an Mutterkorn. Wer verbietet eigentlich Unkraut?