Meinung

Unsere kleine Welt wurde verletzlicher

Und plötzlich wird sichtbar, dass einiges gar nicht so reibungslos funktioniert, wie wir bisher hofften.

Dr. Martina Salomon
über die Krisen der Welt

It’s the end of the world as we know it: Der 1987 geschriebene Song der US-Rockband REM passt zur Stimmung. Wir leben nicht mehr in der friedlichsten aller Welten, die ein Heer eigentlich überflüssig macht. Nun ist massive Aufrüstung in Österreich angesagt. Selbst die verhöhnten Eurofighter sollen wieder öfter fliegen. Ein SPÖ-Verteidigungsminister will gar neue Flugzeuge anschaffen – und nicht einmal die Parteilinke schreit auf. Die kleine, europäische Welt ist verletzlicher geworden, seit sich die Krisen der Welt auch in unseren Breitengraden mit Migrationswellen und Terror bemerkbar machen. Und plötzlich wird sichtbar, dass einiges gar nicht so reibungslos funktioniert, wie wir bisher hofften: die EU-Institutionen etwa, und auch die Integration der vor Jahrzehnten geholten Gastarbeiter. Unter tatkräftigem Wegschauen österreichischer Ämter hat die türkische Religionsbehörde für massive Desintegration gesorgt. In Wiener Moscheen wird dasselbe gepredigt wie in Istanbul, in islamischen Kindergärten wird indoktriniert. Tausende demonstrieren für einen Islam-nationalistischen Führer auf Wiener (Kölner) Straßen, der daheim die Meinungsfreiheit brutal abschafft.

Hilfloser Staat

Erschreckend klar wurde in den vergangenen Monaten auch die Hilflosigkeit österreichischer Behörden. Weder schafften sie es, die anfangs massiv hereinströmenden Flüchtlinge ordentlich zu registrieren, noch gibt es eine ernsthafte Handhabe gegen kriminelle Zuwanderer. Da lässt man Randalierer und Räuber weiter frei herumlaufen oder versorgt sie sogar in einem Sozialheim. Zurückschicken, etwa nach Marokko oder Algerien, geht aus rechtlichen Gründen angeblich nicht. Aber wie wäre es, wenn die EU mal zur Abwechslung ihre Muskeln spielen lässt und endlich Rücknahmeabkommen durchsetzen würde? Druckmittel gibt’s ja wohl genug. So schwach sind wir Europäer nicht.

Auch innerhalb Österreichs ist Gewährenlassen das oberste Prinzip : Daher ziehen die meisten Asylwerber in das Bundesland mit der größten Arbeitslosigkeit und den größten "sozialen Brennpunkten" – Wien. Ein leider sehr großer Teil der Geflüchteten hat aber kaum Chancen auf reguläre Arbeit. Das wird uns noch großes Kopfzerbrechen bereiten. Schon allein deshalb ist auch eine Obergrenze für die Flüchtlings-Aufnahme nötig, auch wenn das angesichts der entsetzlichen Bilder aus Aleppo inhuman erscheint. Doch bereits die jetzige Situation ist eine riesige Herausforderung für Österreich. Die Stimmung im Land ist längst gekippt. Dass die SPÖ dennoch eine Notverordnung blockiert, verstehe, wer will.

Ein Jahr nach Beginn des großen Flüchtlingsstroms haben sich die Zahlen stabilisiert. Aber das kann sich morgen wieder ändern. Nutzen wir die Atempause, um Probleme aufzuarbeiten, deren Existenz noch vor Kurzem geleugnet wurde. Politisch verantwortlich? Niemand. Zumindest diese Reaktion kommt uns bekannt vor. Sie stammt aus der Welt, wie wir sie schon bisher kannten.