Sprachbarrieren
Von Julia Schrenk
Wer wirklich etwas auf sich hält, der sagt natürlich 'es ist viertel acht'.
über Sprachbarrieren in Niederösterreich
Ich habe einmal einen Nord-Waldviertler gebeten, mir einen Küwe zu bringen. Nur: Er hat keinen Küwe gebracht. Dafür aber eine Cuvée. Gleich eine ganze Flasche. (Dass er mir damit unterstellte, dass ich Cuvée nicht richtig französisch aussprechen kann, ist eine andere Geschichte).
Falls Sie der Mundart einer Zentral-Waldviertlerin ebenso wenig mächtig sind, wie der Herr Nord-Waldviertler: ich wollte einen Kübel haben. Dass der Herr das nicht verstanden hat, liegt daran, dass man im nördlichen Waldviertel nicht Küwe sagt, sondern Kiewö. Was wiederum daran liegt, dass der Waldviertler Dialekt umso schräger wird, je weiter nördlich man ins Waldviertel vordringt.
Dort oben sagen sie zum Beispiel auch Gummestiefö, obwohl sie Gummistüfe meinen (die im Übrigen grenzübergreifend als Gummler bezeichnet werden könnten – und auch sollten).
Herausfordernd werden auch die im Mai anstehenden Erstkommunionen in Niederösterreich sein. Nicht nur familiär, sonder vor allem sprachlich. Die siebenjährigen Mädchen sollen hübsch mit der Taufgodl fotografiert werden: Und zwar in den Moabuschen (würde man in den ländlichen Teilen Zentral-Waldviertels sagen). Das würde die Taufgodl aus dem Weinviertel aber nicht verstehen, weil dort heißen die Dinger Müllibischl (wegen des weißes Saftes, falls Sie es genau wissen wollen). Das wiederum würde aber die Verwandtschaft aus dem Süd-Waldviertel nicht verstehen, weil dort heißen die Dinger Moadoschn. Wer immer noch keine Ahnung hat: Gemeint ist der Löwenzahn. Übrigens ein großartiges Fotomotiv für die Erstkommunion.
Noch gesellschaftsspaltender als die Löwenzahn-Debatte ist nur die Viertel-Über/Viertel-Diskussion. Tatsächlich sind es nicht nur die Oberösterreicher, die sagen: "Es ist viertel über sieben." Es sind auch die West-Waldviertler! Und das geht wirklich nicht. Wer wirklich etwas auf sich hält, der sagt natürlich "es ist viertel acht." Zeit für eine Cuvée. Und wehe, es bringt jemand einen Küwe.