Im Gruselkabinett heimischer Steuer-Kuriositäten
Von Martina Salomon
Der Wahlkampf wäre eine gute Gelegenheit, Tacheles zu reden.
über das Steuersystem
Erstaunlich, wie wenig konkret hierzulande über das Thema Steuern diskutiert wird. Dabei gäbe es (neben der ohnehin lustlos geführten Vermögenssteuerdebatte) einige austriakische Kuriositäten, deren nähere Betrachtung durchaus lohnte.
Zum Beispiel die „Gesellschaftssteuer“. Wer die Kapitalausstattung seiner Firma am Aktienmarkt erhöht, blecht dafür ein Prozent „Gesellschaftssteuer“. Nur noch wenige europäische Länder praktizieren das, die EU empfiehlt Abschaffung. Aber das ist eben Österreich: Für Eigenkapitalstärkung wird man sicherheitshalber vom Staat abgezockt.
Schildbürger-Niveau hat auch die Praxis der Kommunalsteuer. Sie kommt den Gemeinden zugute, wird aber nicht, was logisch wäre, von diesen selbst eingehoben, sondern via Unternehmer als lohnabhängige Abgabe. Das hat einen äußerst negativen Raumordnungseffekt, verleitet es die Gemeinden doch dazu, Großprojekte auf die grüne Wiese zu knallen. Die Kommunalsteuer beträgt übrigens stattliche drei Prozent vom Bruttogehalt – und zwar ohne Höchstbeitragsgrenze.
Überhaupt weltweit singulär ist Österreich bei der Art, wie Kammerumlagen eingehoben werden: nicht als Direktbeitrag, sondern ebenfalls als Abgaben via Einkommen. Für die Wirtschaftskammer sind 0,4 Prozent, für die Arbeiterkammer 0,5 Prozent zu berappen. Immerhin wird dabei die Höchstbeitragsgrundlage eingehalten. Erstaunlich ist dennoch, dass die AK, die ansonsten für mehr „Gerechtigkeit“ eintritt, ihren Kammerbeitrag auch bei jenen Arbeitnehmern einheben lässt, die sich zwischen Geringfügigkeitsgrenze und Steuerpflicht befinden. Eine vernachlässigbare Größe ist dies nicht, schließlich betrifft das eine Million Dienstnehmer.
Staat als Staatsbremse
Und weil wir in einem Land leben, wo Vergnügen und Ausländer eher als verdächtig gelten, zahlen Veranstalter natürlich für beides Steuer. Der Staat als „Spaßbremse“!
Wobei die „Ausländersteuer“ Sportler und Künstler betrifft und eigentlich ein Privileg ist: Ein „ausländischer“ DJ, Sänger oder Fußballer, der in Österreich auftritt, muss die Gage hier versteuern, allerdings mit lediglich 20 Prozent, egal, ob Millionen-Star oder armer Schlucker. Ein äußerst humaner Steuersatz, wenn man bedenkt, dass für jeden verdienten Euro über 60.000 Jahresgehalt eine Einkommenssteuer von 50 Prozent gilt! Um die Einhebung der Ausländersteuer kümmern müssen sich die Veranstalter. Eh klar, Unternehmern kann man alle Auflagen der Welt aufbrummen. Ungeachtet dessen hält der neue AK-Präsident Rudolf Kaske eine allfällige Senkung von Arbeitskosten für „Retro-Politik“ (Freitags-KURIER). Entscheidend seien die (hierzulande ohnehin eher „moderaten“) Lohnstückkosten. In personalintensiven Branchen wie Gastronomie oder Handel wird man sich für diese Aussage schön bedanken.
Theoretisch böte das alles Anlass für eine knackige Steuerdebatte. Doch Unternehmen sind derzeit kreativer als Parteien mit ihren Kampagnen. Die originellste kommt von „3“ und konterkariert manch daneben hängendes Wahlplakat mit rätselhaften Sprüchen wie „Keine Chance“. Was bei den inhaltsleeren Botschaften der Parteien auch schon wurscht ist.