Irrfahrten
Die tägliche Reise vom Quartier zum Busbahnhof wird zusehends zum Geduldsspiel.
über Umwege in Rio
Im Vorfeld dieser Olympischen Spiele in Rio de Janeiro schrieb unser brasilianischer Gast-Kolumnist über einen Charakterzug seiner Landsleute, den "Jeitinho".
Gemeint war damit ein kleiner Um- oder Schleichweg, den Brasilianer oft und gerne nehmen, um ein Problem mit möglichst wenig Aufwand aus der Welt zu schaffen.
Dem Österreicher mag das auf den ersten Blick durchaus charmant vorkommen. Erstens, weil hierzulande Kavaliersdelikte aller Welt beinahe eine olympische Disziplin sind; und, zweitens, weil i-Tüpferl-Reiter ohnehin keiner leiden kann.
Nach 15 Tagen in Rio gleicht so mancher kleine Umweg allerdings schon einer mittleren Irrfahrt. Die tägliche Reise vom Quartier zum Busbahnhof, von wo aus man zu allen Wettkampfstätten in und um Rio ausschwärmen kann und muss, wird zusehends zum Geduldsspiel. Gedacht haben die Verkehrsplaner zwar an ausreichend Fahrspuren samt dicker Leitschienen zur Trennung der Fahrtrichtungen, jedoch nicht an eine direkte Abbiegemöglichkeit zum Busbahnhof.
So kreist der Bus zwei Mal am Ziel vorbei, ehe er es erreicht. Lustig ist das beim ersten Mal, egal beim achten Mal, nervig beim 32. Mal. Als würde man zum Ernst-Happel-Stadion wollen – und dort auch zügig vorbeifahren. Die einzige Möglichkeit, auf den Parkplatz zu gelangen, besteht jedoch darin, dass man bis zum Millennium Tower am Handelskai fährt und dort wendet. Etwa zehn Minuten kostet der Umweg. Bei durchschnittlich zwei Fahrten pro Tag kommt schon etwas zusammen.
Mist!
Schweißtreibend ist das nicht, die Busse sind voll klimatisiert und mit drahtlosem Internet ausgestattet. Der ökologische Fußabdruck dieser Spiele gleicht dem eines Mammuts.
Der Umweltgedanke wird freilich ganz großgeschrieben: auf die Mistkübel (siehe Bild). Fein säuberlich wird unterschieden zwischen wiederverwertbar und dem Gegenteil. Guter Gedanke. Die Umsetzung hat aber noch Potenzial: Verwendet wird nur ein Mistsackerl.
Immerhin ersparen sich die Brasilianer dadurch einen ihrer kleinen Umwege: den zu zwei Mülltonnen.