Meinung

Nicht gut genug gerüstet

Die sicherheitspolitische Lage ist prekärer, als wir es uns noch vor Kurzem vorstellen konnten.

Dr. Martina Salomon
über die Verteidigungspolitik

"Der Panzerkrieg im Marchfeld ist passé", sagte Norbert Darabos als Verteidigungsminister anno 2012 in Interviews. Das stimmt natürlich auch heute noch – aber hätte jemand geahnt, wie sehr sich die sicherheitspolitische Lage in nur sechs Jahren verändern wird? Wer damals meinte, dass die Landesverteidigung wichtig bleibe, obwohl doch weit und breit keine wirklichen Sicherheitsprobleme bestünden, wurde als hoffnungslos antiquiert belächelt.

Inzwischen stehen wir fassungslos vor Konflikten, die sich rundherum zuspitzen: Der Kalte Krieg ist zurück – Russland gegen USA und Großbritannien. (Dazu kommen Handelskriege, die natürlich nicht militärisch zu lösen sind.) Der einst im Westen naiv bejubelte arabische Frühling hat Krieg und Konflikte in diesen Ländern ausgelöst – und in der Folge (2015) eine unkontrollierte Migration in Richtung Mittel- und Nordeuropa. Wir müssen mittlerweile leider auch in Österreich mit Terrorattacken rechnen – auf militärische, aber auch auf zivile Personen. Noch gar nicht wirklich ins Bewusstsein gedrungen sind die Cyberwar-Gefahren. Ein Anschlag auf das Stromnetz oder die Wasserversorgung hätte Folgen, wie wir sie uns heute gar nicht vorstellen können. Der neue Verteidigungsminister will daher Kasernen für diesen Fall zu Sicherheits- und Versorgungsinseln machen. Aber wie wird das finanziert?

Jahrzehntelang runtergespartes Heer

Österreich gibt im Vergleich zu anderen zivilisierten Ländern viel weniger Geld für Verteidigung aus: knapp 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die türkis-blaue Regierung, von der man eigentlich eine vernünftige Aufstockung des Heeresbudgets erwartet hätte, zeigt sich jedoch zurückhaltend, wenn man den durchsickernden Budgetgerüchten trauen kann. Zwar ist es goldrichtig, jetzt in einer Phase der Hochkonjunktur das Budget zu sanieren und vorübergehend zu sparen – ohnehin nicht eisern. Und tatsächlich gibt es sogar etwas mehr Mittel für Verteidigung (die aber gleich wieder in steigenden Personalkosten aufgehen). Aber wie man langfristig den riesigen Ausrüstungs-Nachholbedarf (von der Fuhrpark-Verbesserung bis zur Erneuerung der Luftraumüberwachung) des jahrzehntelang runtergesparten Heeres finanzieren will, steht noch in den Sternen.

Ausgerechnet ein Sozialdemokrat - Hans Peter Doskozil – hat Hoffnung im Ministerium geweckt. Verspielt die neue Regierung das nun gleich wieder? "Nein", heißt es beschwichtigend im Ressort, denn es werde ja noch Sonderbudgets geben. Warten wir also ab.

Wobei Geld allein in der Sicherheitspolitik ganz sicher zu wenig ist – betrachtet man nur die BVT-Affäre. Wenn sich die (übergroße) Aufregung dazu einmal gelegt hat, könnte nämlich herauskommen, dass unsere Geheimdienste weniger James Bond, als vielmehr Kottan spielen. Und das wäre angesichts der vielfältigen Gefahren dann möglicherweise unser allergrößtes Verteidigungsdefizit.