Wie die Mobilitätsagentur den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad erschwert
Von Julia Schrenk
Vor ziemlich genau einem Jahr bekannte sich das offizielle Wien zu seiner „Radliebe“: Die relativ neue Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) teilte damals mit, 17 Kilometer neue Radwege zu bauen. Weil ihr diese „Mega-Radwegoffensive“ eine „Herzensangelegenheit“ sei, ließ sie damals auch ein neues Logo anfertigen: die Kontur eines Fahrrads, das zu einem Herz wird. Es war jene Zeit, in der sich die SPÖ nach dem Ende der Koalition mit den Grünen mit anhaltender starker Kritik an ihrer Verkehrspolitik konfrontiert sah.
Heuer kündigte die Stadt 20 Kilometer neue Radwege an, neu gebaut werden aber nur 3,5 Kilometer. Wie man auf 20 kommt? Die Stadt zählt Verbesserungen an bestehenden Radwegen mit und rechnet Ein-Richtungs-Radwege doppelt.
Auch an der Lastenrad-Front tun sich erhebliche Missstände auf. Seit Oktober 2022 fördert die Mobilitätsagentur die Anschaffung von Lastenrädern für Privatpersonen mit maximal 800 Euro für normale und maximal 1.000 Euro für E-Lastenräder.
Nur: Was ein Lastenrad ist, will ausschließlich die Stadt bestimmen. So kommt es, dass einen die Verkäuferinnen und Verkäufer in einschlägigen Shops äußerst kompetent beraten und dabei gleichzeitig vorwarnen, dass das gewollte Rad zwar per Definition ein Lastenrad ist, aber a) gar nicht b) nur vom Bund, nicht aber von der Stadt gefördert wird. Und zwar weil es a) ein paar Zentimeter zu kurz ist b) die maximale Nutzlast zu gering ist c) ohne ersichtlichen Grund nicht gefördert wird.
Das geht so weit, dass der Chef eines bekannten Lastenrad-Herstellers höchstselbst in Wien vorstellig geworden sein soll, um die Verantwortlichen zu überzeugen, dass sein Lastenrad so viele Lasten tragen kann, dass es bitteschön auch zu fördern sei. Und die Verkäuferinnen und Verkäufer? Die empfehlen ihren Kundinnen und Kunden im Falle einer Nicht-Förderung den Gang zur Volksanwaltschaft.
Wie war das noch mal mit der Radliebe?