Was wir sagen und was wir meinen
Von Laila Docekal
Nicht nur in der Weltgeschichte haben einzelne Sätze schon Kriege losgetreten oder Mauern zu Fall gebracht. Wir tragen sie selbst mit uns herum – Sätze, die jemand irgendwann einmal zu uns gesagt hat und die uns noch immer begleiten.
Manchmal als Leitsatz, der uns den Weg weist. Manchmal als Mahnung, nicht vom Weg abzukommen. Zu oft als Bürde, die uns den Weg schwerer macht.
In vielen Fällen ist dem Absender die Wirkung seines Satzes gar nicht bewusst. Eine Facebook-Freundin schreibt, wie ein nebenher gesagter Satz in einer TV-Show sie dazu gebracht hat, dem Fleischkonsum abzuschwören. Für eine Kindheitsfreundin war der Satz eines Lehrers der erste Dominostein für lebenslange Selbstzweifel. Ein im Eifer des Gefechts ins Handy getippter Satz kann auch Grundlage für eine Kündigung sein und empfindliche Sanktionen oder sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.
All diese Sätze haben eines gemeinsam: Ob gut gemeint oder böse, ob in einer Nachricht für einen kleinen Kreis oder als große Werbekampagne – ist ein Satz einmal draußen, lässt er sich nicht ungeschehen machen. Er ist wie eine Waffe, die mitten ins Mark treffen kann.
Eine Supermarktkette wollte dieser Tage bewusst mit Plakaten irritieren: Doch wie fühlt sich jemand mit Behinderung, der liest, dass er nicht gebraucht wird?
Was löst es in einem Lehrling aus, zu lesen, dass er ohne Matura nicht weit kommt? Auch, wenn die Intention eine andere war – der Schuss ist voll nach hinten losgegangen.
Statt sich mit der vermeintlich positiven Auflösung zu rechtfertigen, wäre eine ernst gemeinte Entschuldigung angebracht. Doch die Kultur des Entschuldigens kommt in diesem Land derzeit ohnehin zu kurz.