Was der Mensch im Bergdorf wirklich braucht
Von Anja Kröll
Hobby-Handwerker mögen gnädig sein. Aber ich verstehe es nicht. Brett vorm Kopf – wortwörtlich. Ich habe am Wochenende meine Garage entrümpelt. Was heißt meine, das Revier der Herren des Hauses. Nach zehn Stunden zwischen löchrigen Arbeitshandschuhen, verstaubter Weihnachtsdekoration und altem Motoröl weiß ich zwei Dinge mit Sicherheit. Erstens: Ich kann ohne Probleme einen Großhandel für Plastik-Balkonblumen-Übertöpfe eröffnen. Zweitens: Ich habe Bretter. Viele Bretter. Klein, groß, dünn, dick – in jeder Ecke. Und nicht nur dort. Hinten im Garten, rechts neben dem Gartenhaus, unter dem Dach.
Darum sei die Frage gestattet: Wozu braucht man so viele Bretter? Eine empirische Umfrage unter den Nachbarn hat folgendes Ergebnis zutage gefördert: Man braucht immer Bretter! Ja, eh. Danke!
Nun wäre man aber keine Journalistin, würde man das nicht genauer hinterfragen. Also: Wozu? „Bei einem Haus brauchst schnell mal ein Brett, für den Zaun“, erklärt der junge Nachbar. Gut, das mit dem Zaun leuchtet ein. Allerdings: Sollte der Zaun ein neues Brett brauchen, braucht man einen Zaunbrettmonteur, und der könnte ja auch gleich ein Brett mitbringen.
So zumindest die eigene Logik. Die aber nicht kompatibel mit der Bergdorf-Logik ist: „Das richtig gereifte, getrocknete Brett wird Dir keiner so mir nix dir nix geben….“ Merke: Bretter sind in Bergdörfern offenbar so etwas wie teure Rotweine für einen Städter.
In diesem Sinne sammle ich nun ganz offiziell Bretter. Und falls sich jemals sintflutartige Ereignisse abzeichnen sollten, baue ich mir eine Arche.
Allerdings wären für dieses Vorhaben auch die Plastik-Balkonblumen-Übertöpfe ein heißer Tipp.